Politik
Kassen wollen Wartezeiten beim Psychotherapeuten verkürzen
Dienstag, 2. April 2013
Berlin – Die gesetzlichen Krankenkassen wollen die langen Wartezeiten bei Psychotherapien verkürzen. Der GKV-Spitzenverband schlägt vor, dass die Genehmigungsverfahren für Therapien deutlich vereinfacht werden. Konkret soll die Zahl der bisher angeforderten Gutachten gesenkt werden. Einen entsprechenden Bericht der Berliner Zeitung bestätigte gestern der Spitzenverband.
Im Gegenzug fordern die Kassen, die Therapiedauer deutlich zu kürzen. So soll die Kurzzeittherapie im Regelfall von 25 auf 15 Stunden gesenkt werden. Außerdem soll es künftig mehr Psychotherapien in Gruppen geben. Beides wollen die Kassen mit Extra-Anreizen bei der Vergütung der Therapeuten belohnen.
Nach Angaben der Bundespsychotherapeutenkammer muss ein Kranker im Schnitt 12,5 Wochen auf ein erstes Gespräch mit einem niedergelassenen Psychotherapeuten warten. In ländlichen Regionen seien es sogar noch zwei Wochen mehr.
Der Sprecher des GKV-Spitzenverbands, Florian Lanz, sagte, es gebe das Problem, dass viele Psychotherapeuten eine ganze Zulassung hätten, aber tatsächlich nur in Teilzeit als Therapeuten tätig seien. „Wer nur halbtags als Psychotherapeut arbeiten möchte, sollte eine halbe Zulassung abgeben“, regte Lanz an. Dann könnte bei zwei Halbtagspsychotherapeuten ein zusätzlicher tätig werden. „Wenn alle an einem Strang ziehen, kann die Versorgung in Deutschland noch besser werden“, sagte Lanz. © dapd/aerzteblatt.de

Kassen wollen Wartezeiten beim Psychotherapeuten verkürzen
Die Förderung der Gruppenpsychotherapie ist sehr zu begrüßen. Durch das arbeitsintensive Antragsverfahren und die inadäquate Vergütung war diese Form der Psychotherapie bislang äußerst unattraktiv. Die damit verbundene Forderung auf Reduktion der Kurzzeittherapie jedoch wirft einige Fragen auf. Fachlich ist anzumerken, dass bei allen für die psychotherapeutische Versorgung besonders relevanten Leitlinien eine Mindesttherapiedauer von 25 Sitzungen festgestellt wird. Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage nun die Kassen eine Verkürzung auf 15 Stunden vorschlagen, ist nicht nachvollziehbar. Unklar bleibt auch, wie das Antragsverfahren reduziert werden soll, wenn dann nach nur 15 Stunden weitere Stunden benötigt werden sollten. Sollen die Kassenmitarbeiter dann selber entscheiden, ob und wie viele Stunden noch bewilligt werden? Eine Verkürzung des bislang geltenden Stundenkontingentes für einen ersten Therapieabschnittes von 25 Stunden, in dem immerhin 60% aller Psychotherapien beendet werden, dürfte nicht zu weniger, sondern absehbar zu mehr Bürokratie führen.
Die Forderung der Kassen nach Abgabe halber Sitze wird mit der Behauptung begründet, es gebe viele PsychotherapeutInnen, die nur Teilzeit arbeiten würden. Diese Behauptung wird jedoch auch durch ständige Wiederholung nicht wahrer. Hier wird einmal mehr Behandlungszeit mit Arbeitszeit verwechselt. Durchschnittlich verbringen PsychotherapeutInnen ca. 23 Stunden/Woche mit der Behandlung von GKV Versicherten. Zuzüglich aller weiteren administrativen Arbeitsleistungen ergibt das eine Wochenarbeitszeit von ca. 36 Arbeitsstunden für GKV Versicherte. Das als Teilzeitbeschäftigung zu deklarieren ist unseriös.
Wenn die Kassen eine mangelnde Versorgung feststellen, dann sollten sie sich dafür einsetzen, dass mehr Psychotherapeuten zugelassen werden. Dazu hätten sie in den Landesausschüssen bezüglich der Umsetzung der neuen Bedarfsplanung gute Gelegenheit.
Martin Klett, Vizepräsident der Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg

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