Medizin
Vogelgrippe: Weitere Erkrankungen in China
Mittwoch, 3. April 2013
Peking – Die Zahl der bekannten Erkrankungen mit dem neuen Vogelgrippe-Virus H7N9 ist Anfang der Woche auf sieben Patienten gestiegen, von denen zwei an den Folgen einer schweren Pneumonie gestorben sind, andere sollen sich in einem kritischen Zustand befinden. Da die Erkrankungen sporadisch in unterschiedlichen Städten auftraten, ist eine Übertragung von Mensch zu Mensch unwahrscheinlich. Das Reservoir wird im Geflügel vermutet, das selbst nicht zu erkranken scheint, was Kontrollmaßnahmen erschweren könnte.
Die letzten vier Erkrankungen wurden am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Peking bekannt gegeben. Alle Patienten stammen aus der Provinz Jiangsu, wenn auch aus unterschiedlichen Städten. Die Provinz Jiangsu grenzt direkt an die Millionen-Metropole Shanghai. Dort waren zuvor zwei weitere Erkrankungen bekannt geworden. Der siebte Patient stammte aus der Provinz Anhui westlich von Shanghai. Ein Zusammenhang mit den in den letzten Wochen aus dem Huangpu-Fluss, der durch Shanghai fließt, gefundenen Schweinekadavern besteht den chinesischen Behörden zufolge nicht: 34 Kadaver waren auf die Viren hin untersucht worden, alle Tests fielen negativ aus.
Der erste Patient erkrankte bereits am 28. Februar, die anderen folgten in den Wochen danach. Da es keine Verbindung zwischen den sieben Patienten gibt, wird die Gefahr einer Übertragung von Mensch zu Mensch als gering eingestuft. Die chinesischen Behörden sollen bereits 255 Kontaktpersonen untersucht haben. Keine habe bisher Symptome der Erkrankung gezeigt, berichtet Xinhua.
Chinesische Forscher haben das Genom des neuen Vogelgrippe-Virus H7N9 sequenziert und die Ergebnisse auf der Plattform GISAID veröffentlicht. Die Daten lassen erste Rückschlüsse auf die Herkunft des Virus zu. Influenza-Viren verfügen über acht Gene. Sie kodieren für die beiden Hüllproteine Hämagglutinin (H) und Neuraminidase (N) sowie für sechs interne Proteine.
Nach Recherchen von Nature stammen die internen Gene von H9N2-Viren, die normalerweise bei Vögeln auftreten, unter anderem bei Hühnern. Die Gene hätten eine Ähnlichkeit mit Viren, die kürzlich in China und Südkorea gefunden wurden, schreibt Nature. Das Gen für das N-Protein zeige dagegen große Ähnlichkeit mit einem Vogelgrippe-Virus (H11N9), das zuvor in Südkorea, China und Tschechien gefunden wurde. Das H-Protein wiederum scheint aus einer eurasischen Gruppe von H7-Vogelgrippeviren zu stammen.
Damit könnte das neue Vogelgrippe-Virus H7N9 durch ein Reassortment aus drei unterschiedlichen Virusstämmen entstanden sein, die alle nur Vögel befallen. Dies ist ein deutlicher Unterschied zum Virus der Pandemie H1N1 2009/10, in dem Gene aus Grippeviren von Vögeln, Schweinen und Menschen zusammengefunden hatten. Auch dieser Unterschied spricht gegen die Gefahr einer Epidemie.
Das H-Protein unterscheidet sich von dem Vogelgrippe-Virus und von dem H5N1-Virus, das Ende 2002 in großem Maße die Geflügelbestände in Asien befallen hatte. Virusforscher halten es für möglich, dass das neue Vogelgrippe-Virus H7N9 beim Geflügel zu asymptomatischen Infektionen führt, die deshalb nicht bemerkt werden. Menschen scheinen dagegen keine Immunität zu besitzen.
Die Erkrankungswahrscheinlichkeit dürfte jedoch gering sein, wenn, wie Nature spekuliert, das Vogelgrippe-Virus H7N9 nur an Rezeptoren in den tiefen Atemwegen bindet. Im Fall einer Infektion scheint es aber zu einem schweren Krankheitsverlauf zu kommen, vergleichbar zum neuartigen Coronavirus (das aber mit den Grippeviren überhaupt nicht verwandt ist).
Wenn die Vogelgrippe H7N9 im Geflügel tatsächlich inapparent verläuft, dürfte sie in den Beständen nur schwer nachzuweisen sein. In diesem Fall könnte es weiter zu sporadischen Erkrankungen beim Menschen kommen. Ob dies der Fall ist, werden vielleicht die Untersuchungen der nächsten Wochen zeigen. © rme/aerzteblatt.de

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