Politik
Bahr: PKV nicht infrage stellen
Dienstag, 23. April 2013
Berlin – Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat sich einige Monate vor der Bundestagswahl erneut für den Erhalt der privaten Krankenversicherung (PKV) ausgesprochen. „Ist es sinnvoll, ein System, das in Zeiten des demografischen Wandels den Aufbau von Altersrückstellungen leistet, in Frage zu stellen?“, fragte Bahr gestern bei den 10. Berliner Gesprächen zum Gesundheitsrecht. Das Umlageverfahren der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) führe hingegen zu einer Verschärfung der Finanzierungsprobleme, die auf die kommende Generation verschoben würden.
Zudem wäre „die GKV nicht so leistungsfähig, wenn es nicht auch die PKV gäbe“, meinte Bahr und berichtete von einem vor kurzem geführten Gespräch mit einem Vertreter einer Krankenkasse: „Der hat mir erzählt, seine Kasse habe ein neues Konzept erarbeitet, demzufolge die Versicherten in fünf Tage einen Facharzttermin erhalten und nicht länger als 30 Minuten bei ihrem Arzt warten müssen.“ Dieses Konzept sei nur entstanden, habe der Kassenvertreter erklärt, um die Abwanderung von Versicherten in die PKV zu verhindern. Das sei ein Beweis dafür, dass die PKV auch den GKV-Versicherten zugutekomme, befand Bahr.
Der Idee einer Bürgerversicherung, wie sie von SPD, Grünen und Linken befürwortet wird, erteilte er hingegen eine Absage: „Ich stelle es mir schwierig vor, die Idee, alle in eine Einheitsversicherung zu zwingen, in der Praxis umzusetzen.“ Dennoch erwartet er, dass die Bürgerversicherung zu einem Wahlkampfthema werden wird. „Aber ob es das entscheidende Wahlkampfthema werden wird, bezweifle ich“, so der Minister.
Bahr betonte darüber hinaus die Bedeutung des Wettbewerbs im Gesundheitswesen. „Wettbewerb ist das beste Instrument, den unterschiedlichen Bedürfnissen der Menschen entsprechend die Allokation der begrenzten Ressourcen zu ermöglichen“, sagte er. Doch der Wettbewerb brauche Regeln.
„Wir haben zurzeit eine Debatte darüber, dass die Krankenkassen immer mehr in einen Wettbewerb untereinander treten sollen“, erklärte Bahr. „Das finde ich richtig. Ich wünsche mir mehr Wettbewerb zwischen den Krankenkassen.“ Wettbewerb funktioniere jedoch nur, wenn man Vielfalt voraussetze. Ansonsten könne eine Marktmacht entstehen.
Kartellrecht muss auch im Gesundheitswesen zum Einsatz kommen
„Deshalb muss das Kartellrecht auch im Gesundheitswesen zum Einsatz kommen, wenn sich die Krankenkassen wie Unternehmen verhalten“, betonte Bahr. Er nannte das Beispiel der AOK Plus, die so viele Versicherte in ihrer Region vertrete, dass sich beispielsweise einzelne Krankenhäuser in Verhandlungen ihren Forderungen nicht entziehen könnten. Das seien keine fairen Wettbewerbsbedingungen. Deshalb müsse auch das Wettbewerbsrecht im Gesundheitswesen zum Einsatz kommen.
Derzeit liegt die sogenannte 8. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), mit der das Kartellrecht auch auf Krankenkassen übertragen werden soll, im Vermittlungsausschuss. Der Ausschuss wird heute Abend zusammenkommen, um unter anderem die GWB-Novelle zu beraten. Eine Einigung werde es dabei jedoch nicht geben, sagte Bahr: „Wir sind formal noch in der ersten Sitzung.“ Wie es mit der GWB-Novelle weitergehen werde, könne er nicht voraussagen, denn: „Im Vermittlungsausschuss weiß man nie, wie es ausgeht.“ © fos/aerzteblatt.de

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