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Ärzteschaft

116. Deutscher Ärztetag: Gesundheitliche Auswirkungen von Armut bekämpfen

Mittwoch, 29. Mai 2013

Olaf von dem Knesebeck /Gebhardt

Hannover – Der 116. Deutsche Ärztetag hat sich dafür ausgesprochen, die gesund­heitliche Förderung sozial Benachteiligter zu stärken. „Als Ärzteschaft sehen wir unsere Verantwortung vor allem darin, auf eine Verringerung schichtenspezifischer Unterschiede in den Zugangsmöglichkeiten, in der Inanspruchnahme und Verfügbarkeit gesund­heit­licher Leistungen einzuwirken“, heißt es in einem mit großer Mehrheit beschlossenen Leitantrag der Bundesärztekammer. Dabei seien die erwartbaren Effekte präventiver und therapeutischer Bemühungen umso größer, je früher diese in der biografischen Entwicklung ansetzten.

Besonders häufig von relativer Armut betroffen sind Alleinerziehende, kinderreiche Familien, Personen mit Migrationshintergrund, schlecht ausgebildete Personen und Langzeitarbeitslose. Frauen und jüngere Menschen sind etwas häufiger betroffen als Männer und Ältere. Darauf verwies Olaf von dem Knesebeck vom Institut für Medizinische Sozialmedizin und Gesundheitsökonomie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. In seinem Gastreferat hob er hervor, dass gesundheitliche Ungleichheiten sich – in unterschiedlichem Ausmaß – in nahezu allen Ländern nachweisen lassen. Darüber hinaus seien sie auch in allen Lebensphasen, vom Beginn bis ins hohe Alter, zu beobachten.

Armut verringert die Lebenserwartung
Von dem Knesebeck erläuterte, dass sich die Lebenserwartung ab der Geburt zwischen Männern, die einer höheren Einkommensschicht angehören, und solchen, die in relativer Armut leben, um 10,8 Jahre zuungunsten der ärmeren Einkommensgruppe unter­schei­det, bei Frauen beträgt dieser Unterschied 8,4 Jahre. Nach dem Konzept der relativen Einkommensarmut gilt dabei als arm, wer eine bestimmte Einkommensschwelle unterschreitet, per definitionem sind das 50 Prozent des mittleren Einkommens.

Die Unterschiede in der Lebenserwartung erstrecken sich auf das gesamte Einkommens­spektrum. Je niedriger das Einkommen, desto niedriger die Lebenserwartung. Auch erhöht sich das Risiko von Krankheiten wie Herzinfarkten und Schlaganfällen sowie von Adipositas im Kindesalter und psychischen Auffälligkeiten bei ärmeren Bevölkerungs­gruppen signifikant. Die Gründe hierfür sind vor allem in den materiellen Lebens­bedingungen, in psychosozialen Belastungsfaktoren und in unterschiedlichem Gesundheitsverhalten zu sehen. Praktische Konsequenzen lägen vor allem im Bereich der Prävention und Gesundheitsförderung, betonte der Sozialwissenschaftler.

Der Ärztetag fordert daher, die Informationen zur Wahrnehmung der Schwangeren­vorsorge­untersuchung zu verbessern und eingehender über die Gefahren des Konsums von Alkohol, Tabak und anderen Substanzen während der Schwangerschaft aufzuklären. Auch an Kindertagesstätten und Schulen soll durch Ausbau von Schuluntersuchungen und Gesundheitsförderungsangeboten die Prävention gefördert werden.

Langzeitarbeitslosen sollen mehr Angebote zur Vorsorge von Erkrankungen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus setzt sich der Ärztetag für den Aufbau eines flächendeckenden Netzes medizinischer Hilfe für Obdachlose und für Menschen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus  sowie für eine Stärkung präventiver Angebote für ältere Menschen ein.  

Ausdrücklich begrüßten die Delegierten zudem die in dem Entwurf der Regierungs­koalition für ein Präventionsgesetz vorgesehenen Maßnahmen zur Stärkung der betrieblichen Gesundheitsförderung. Sinnvoll sei auch, dass die Gesundheitsunter­suchungen um die Erfassung und Bewertung gesundheitlicher Risiken und Belastungen ausgeweitet werden sollen. „Durch diese Maßnahmen können besonders belastete und präventionsferne Bevölkerungsgruppen besser identifiziert und entsprechend beraten werden“, heißt es im Beschluss.

Thema in der ärztlichen Ausbildung verankern
In einem weiteren Beschlussantrag votierten die Delegierten dafür, die Zusammenhänge zwischen Krankheit und Armut sowie zwischen Krankheit und sozialer Ungleichheit strukturiert in die ärztliche Aus-, Weiter- und Fortbildung aufzunehmen. © KBr/aerzteblatt.de

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