Medizin
Sterblichkeit nach Operationen: Wochenend-Effekt beginnt schon am Freitag
Mittwoch, 29. Mai 2013
London – In England sterben mehr Menschen nach elektiven Operationen, wenn der Eingriff an einem Freitag oder am Wochenende durchgeführt wird. Dies ergab eine Auswertung landesweiter Daten im Britischen Ärzteblatt BMJ (2013; 346: f2424). Als Erklärung kommt die geringere personale Besetzung am Wochenende infrage, die zu suboptimalen Reaktionen auf Komplikationen führen könnte.
Ein „Wochenend-Effekt” wurde bereits in früheren Studien beschrieben. Diese beschränkten sich allerdings auf Notfall-Eingriffe oder auf internistische Aufnahmen, während Paul Aylin vom Imperial College London sich bewusst auf elektive Operationen beschränkte, also auf geplante Eingriffe, bei denen die Stationen auf Komplikationen vorbereitet sein sollten.
Die Daten umfassen 4.133.346 Eingriffe, sodass auch geringe Unterschiede mit statistischer Signifikanz erkannt werden können. Anders als in früheren Analysen beschränkten sich Aylin und Mitarbeiter nicht auf die Analyse von Entlassungsdokumenten. Anhand der Sterberegister wurde die 30-Tagessterblichkeit ermittelt.
Sie betrug im Durchschnitt 6,7 Todesfälle auf 1000 Patienten. Am niedrigsten war die 30-Tagessterblichkeit mit 5,5/1000 Patienten nach Operationen am Montag. Sie stieg im Verlauf der Woche langsam an. Schon am Dienstag lag sie um 7 Prozent höher als am Montag, am Mittwoch waren es 15 Prozent mehr, am Donnerstag betrug der Anstieg 21 Prozent gegenüber dem Montag. Auffällig war ein Anstieg um 44 Prozent am Freitag. Patienten, die am Wochenende operiert wurden, starben sogar zu 82 Prozent häufiger als die Montagspatienten.
Besonders stark ausgeprägt war der Freitag- und Wochenend-Effekt nach Hoch-Risiko-Eingriffen: Nach Entfernung von Kolon und/oder Rektum stieg die 30-Tages-Sterblichkeit von 20,1/1000 am Montag auf 30,6/1000 am Freitag und 57,3/1000 am Wochenende. Für die Freitags-Operation ist das ein Plus von 49 Prozent. Bei einer Wochenendoperation war die Sterberate sogar fast dreifach erhöht.
Für die Entfernung von Magen und/oder Ösophagus, koronaren Bypass-Operationen, Aortenaneurysma-Reparaturen und Lungenresektionen wurden ähnlich hohe Odds Ratios ermittelt. Bei Operationen mit einem geringeren Risiko war der Wochenend-Effekt dagegen niedriger. Hier stieg die 30-Tagessterblichkeit nur von 1,8/1000 am Montag auf 2,4/1000 am Freitag. Am Wochenende war sie sogar tendenziell niedriger als am Montag.
Da elektive Eingriffe am Wochenende ungewöhnlich sind, könnte hier eine Fehldeklaration von einzelnen Operationen vorliegen, bei denen es sich in Wirklichkeit um Notfalleingriffe handelte. Für den Freitag, in England ein ganz normaler Arbeitstag, trifft dies jedoch nicht zu. Die Studie selbst kann die Ursache für den Freitags-Anstieg nicht klären.
Bekannt ist aber, dass die meisten schweren Komplikationen in den ersten 48 Stunden auftreten. Bei einer Operation am Freitag wären das der Samstag und Sonntag, wenn die Personalschlüssel in der Pflege reduziert und die ärztliche Versorgung oft nur durch einen Bereitschaftsdienst sichergestellt wird. © rme/aerzteblatt.de
