Medizin
Häusliche Gewalt häufige Ursache von Unfallverletzungen von Frauen
Mittwoch, 12. Juni 2013
Toronto – Gewalt in Partnerschaften ist weiter verbreitet, als die meisten Ärzte vermuten dürften. Bei einer Umfrage an Unfallambulanzen in fünf Ländern, die jetzt im Lancet (2013; doi: 10.1016/S0140-6736(13)61205-2) veröffentlicht wurde, gab eine von drei Frauen an, in der Vergangenheit schon einmal emotionaler oder körperlicher Gewalt seitens des Lebenspartners ausgesetzt gewesen zu sein. In einigen Fällen hatte die Gewalt auch den Ambulanzbesuch ausgelöst.
Dass Lebenspartnerschaften nicht immer harmonisch verlaufen, ist bekannt. Die Weltgesundheitsorganisation hat in ihrem Report „Women's Health and Domestic Violence against Women“ die Lebenszeitprävalenz von Gewalt in Partnerschaften auf 20 bis 50 Prozent geschätzt. Wenn die Situation eskaliert, sind Verletzungen nicht auszuschließen.
Die U.S. Preventive Services Task Force hat deshalb jüngst angeregt, dass Ärzte bei ihren weiblichen Patienten an diese Krankheitsursache denken sollten (Annals of Internal Medicine 2012; 156: 796-808). Dies gilt insbesondere für Unfallambulanzen, die eine erste Anlaufstation für die Opfer häuslicher Gewalt sein können.
Mohit Bhandari von der McMaster Universität in Hamilton/Ontario und Mitarbeiter haben kürzlich 2.945 weibliche Patienten in 12 Unfallkliniken in Kanada, den USA, den Niederlanden, Dänemark und Indien befragt. Eine von sechs Frauen (16,0 Prozent) gab in dem Fragebogen ab, im letzten Jahr entweder emotionaler oder körperlicher Gewalt ausgesetzt gewesen zu sein. Eine von drei Frauen (34,6 Prozent) kannte diese Erfahrung aus der Vergangenheit. In den meisten Fällen hatte sich der Partnerkonflikt „nur“ auf der emotionalen Ebene abgespielt. Immerhin 3,4 Prozent der Frauen waren jedoch in den letzten 12 Monaten körperlich attackiert worden, insgesamt 1,2 Prozent berichteten über sexuelle Gewalt.
Aus medizinischer Sicht von Bedeutung ist, dass 1,7 Prozent der Frauen angaben, ihre aktuellen Verletzungen seien Folge eines Partnerkonfliktes. Nur sieben der 49 Frauen (14 Prozent) waren jedoch von den Ärzten nach möglichen häuslichen Ursachen der Gewalt befragt worden. Neun Frauen (18 Prozent) hatten sich Knochenbrüche im Bereich von Fuß oder Knöchel zugezogen. Bei weiteren sieben Frauen (14 Prozent) waren Hand oder Handgelenk verletzt. Neun Frauen (18 Prozent hatten Verletzungen an mehreren Körperregionen.
Viele Opfer waren älter oder lebten seit weniger als 10 Jahren in einer festen Partnerschaft. Verheiratete Frauen mit Kindern wurden seltener körperlich angegriffen. Auch die „Gewaltkultur“ in den einzelnen Ländern könnte eine Rolle spielen. In den USA, Kanada und Indien berichteten die Frauen fast doppelt so häufig über häusliche Gewalt wie in den Niederlanden oder in Dänemark. © rme/aerzteblatt.de

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