Ärzteschaft
Aus- und Weiterbildung: KBV-Chef Köhler fordert eine inhaltliche und strukturelle Anpassung
Montag, 8. Juli 2013
Düsseldorf – Andreas Köhler hat davor gewarnt, dass die steigende Nachfrage nach ambulanter haus- und fachärztlicher Grundversorgung in der Fläche bald nicht mehr adäquat bedienen werden kann: „Hier steuern wir auf ein Problem zu, das in der nächsten Legislaturperiode gelöst werden muss“, sagte der Vorsitzende des Vorstandes der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) bei der Veranstaltung „Gesundheitspolitik: Vor der Wahl ist nach der Wahl“, zu der die AG Zukunft des Gesundheitswesens am 3. Juli nach Düsseldorf geladen hatte. Einerseits seien die Weiterbildungsinhalte nicht mehr passgenau für die spätere Praxis, andererseits sinke der Anteil der Generalisten im System.
Der Anteil der ambulanten Versorgung am gesamten Versorgungsgeschehen wachse und wachse, führte Köhler aus. Gründe dafür seien die immer weiter sinkende durchschnittliche Verweildauer der Patienten im Krankenhaus und die Tatsache, dass immer mehr Leistungen (Operationen, Chemotherapien), die es früher nur im Krankenhaus gab, heute ambulant erbracht würden: „Weil die ambulante Versorgung in der Regel angenehmer für den Patienten und auch kostengünstiger ist, ist dieser Trend sowohl im Sinne der Versicherten, als auch im Sinne des Systems“, betonte der KBV-Chef.
Da aber viele Behandlungen heutzutage nicht mehr stationär stattfänden („bestimmte pädiatrische Krankheitsbilder finden sie doch gar nicht mehr in der Klinik“), hätten die Krankenhäuser in vielen Fachgebieten enorme Schwierigkeiten, sämtliche Inhalte der ärztlichen Weiterbildung zu vermitteln. Köhler: „Das heißt, die angehenden Ärztinnen und Ärzte werden auf das, was sie später in den Praxen erwartet, nicht mehr genügend vorbereitet.“
Grundversorgung in der Fläche ist gefährdet
„Die Spitzenmedizin ist notwendig und ehrenwert, aber was wir vor allem brauchen, sind Ärzte für die alltägliche Grundversorgung in der Fläche“, sagte der KBV-Chef. Die Fragmentierung der Fachgebiete in der Medizin bewirke im Moment aber genau das Gegenteil: „Wir haben immer mehr Spezialisten und immer weniger Ärzte für die Basisversorgung.“ So sei der Anteil der Hausärzte an allen Vertragsärzten zwischen 2000 und 2012 um 13 Prozent gesunken, der Anteil der so genannten fachärztlichen Grundversorger habe bei einem Plus von 0,7 Prozent nahezu stagniert und bei den Spezialisten habe es einen Zuwachs von 49 Prozent gegeben.
„Insgesamt mag es genügend Ärzte geben, aber für die wohnortnahe haus- und fachärztlichen Grundversorgung eben nicht“, betonte Köhler. Es komme nicht nur darauf an, mehr Ärzte auszubilden. Man müsse auch darauf achten, welche Menschen den Weg in den Beruf fänden und was sie dann lernten: „Wir brauchen deshalb dringend sowohl eine inhaltliche als auch eine strukturelle Anpassung der ärztlichen Aus- und Weiterbildung – und wir brauchen dafür eine gesicherte Finanzierung.“
Zulassungsverfahren zum Medizinstudium öffnen
Vor diesem Hintergrund sprach sich der KBV-Vorsitzende dafür aus, das Auswahlverfahren zum Medizinstudium zu öffnen: „Wir müssen Bewerber gewinnen, die überhaupt in die Grundversorgung wollen und da ist nun einmal die Abiturnote als entscheidendes Kriterium nicht geeignet.“ In einigen Bundesländern gebe es hier durchaus gute Entwicklungen. Im Gerangel zwischen Bund und Ländern sei es zwingend notwendig, in der nächsten Legislaturperiode eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe ins Leben zu rufen, die dieses Problem löst.
Darüber hinaus forderte Köhler mehr grundversorgende Anteile in der Ausbildung, auch ambulante Einrichtungen müssten verstärkt zu Ausbildungsorten werden. Das Förderprogramm Allgemeinmedizin gelte es daher auszubauen, insbesondere auf die Bereiche der patientennahen fachärztlichen Versorgung: „Wir müssen ambulante Weiterbildungsstätten fördern, damit wir die jungen Ärzte in Kontakt mit der ambulanten Versorgung bringen.“ © JF/aerzteblatt.de

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