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Medizin

Krebsentstehung: Immun-Enzyme lösen Mutationen aus

Montag, 15. Juli 2013

Durham/Minneapolis – Die Krebsforschung macht derzeit Strahlung, Chemikalien und vielleicht auch zufällige Kopierfehler für die Anhäufung von Mutationen im Erbgut verantwortlich, zu denen es im Laufe des Lebens kommt und von denen einige zum Ausgangspunkt von Tumoren werden. Ebenso wichtig, vielleicht noch wichtiger für die Karzinogenese könnte ein Enzym sein, das für das Immunsystem von grundlegender Bedeutung ist.

Der Körper wird ständig von einer Unzahl von Viren und Mikroorganismen attackiert, gegen die das Immunsystem jeweils die passenden Antikörper bereitstellen muss. Dies gelingt nur mittels der sogenannten somatischen Hypermutation in den Genen für die Antikörper. Die Mutationen werden in den B-Zellen durch das Enzym „Activation Induced Cytidine Deaminase“ oder AID erzeugt, das die natürliche Mutationsrate um den Faktor 10 hoch 6 steigert.

Da Mutationen auch Krebs auslösen können, ist die Arbeit der AID nicht ohne Risiko. Die AID wird von Forschern bereits mit der Entstehung von B-Zell-Lymphomen, den Krebserkrankungen der antikörperbildenden Zellen, in Verbindung gebracht.

Das Gen für AID gibt es jedoch nicht nur in B-Zellen, sondern in jeder menschlichen Zelle. Es gehört zu einer Obergruppe von Enzymen, die als APOBEC-Cytidin-Deami­nasen (für: apolipoprotein B mRNA-editing enzyme, catalytic polypeptide-like) bezeichnet werden. Diese Enzyme verstoffwechseln Cytosin zu Uracil, was in der DNA-Sequenz zu bestimmten Mutationsmustern führt, nach denen Steven Roberts vom National Institute of Environmental Health Sciences in Durham/North Carolina im Erbgut von 14 verschiedenen Krebsarten gesucht hat.

Nach seinem Bericht in Nature Genetics (2013; doi: 10.1038/ng.2702) sind die APOBEC-spezifischen Mutationen bei Krebserkrankungen von Blase, Zervix, Lunge und im Kopf-Hals-Bereich häufig. Bei einigen Tumoren betrage der Anteil an allen Mutationen 68 Prozent, schreibt der Forscher.

Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt das Team um Reuben Harris von der Universität von Minnesota in Minneapolis ebenfalls in Nature Genetics (2013; doi: 10.1038/ng.2701). Die Forscher haben in 19 verschiedenen Tumorarten nach der Variante APOBEC3B gesucht – In sechs konnten sie eine vermehrte Expression nachweisen. Dies waren Blasenkrebs, Zervixkarzinom, Adeno- und Plattenepithelkarzinom der Lunge, Kopf-Hals-Tumoren und Mammakarzinom. Diese Tumoren könnten – wenigstens teilweise – Folge der Enzymtätigkeit sein.

Die beiden Studien weisen auf eine bisher unbeachtete Krebsursache hin. Die Ergebnisse müssen allerdings zurückhaltend interpretiert werden. In Krebszellen findet sich eine Vielzahl auch wechselnder Mutationen, von denen nur wenige den Krebs verursachen. Die anderen sind Folge einer ungezügelten und chaotischen Zellteilung.

Der Nachweis eines bestimmten Mutationsmusters ist kein Beweis, dass die einzelnen Mutationen tatsächlich durch die Einwirkung des Enzyms APOBEC zustande gekommen sind. Sollten jedoch weitere Studien den Verdacht erhärten, dann könnten Medikamente, die die Tätigkeit von APOBEC blockieren, neue Ansätze in der Krebstherapie ermöglichen. © rme/aerzteblatt.de

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