Ärzteschaft
Montgomery: Kritik an Verschiebung der Veröffentlichung von Prüfberichten zur Lebertransplantation ist unberechtigt
Montag, 22. Juli 2013
Köln – Transplantationszentren, bei denen im Rahmen der flächendeckenden Überprüfungen durch die bei der Bundesärztekammer angesiedelte Prüfungs- und Überwachungskommission Verstöße gegen Richtlinien zur Organtransplantation festgestellt worden sind, sollen die Möglichkeit haben, zu den Feststellungen und Bewertungen Stellung zu nehmen. Es müsse den betroffenen Zentren rechtliches Gehör gewährt werden, sagte Bundesärztekammerpräsident Frank Ulrich Montgomery bei einer Podiumsdiskussion auf dem baden-württembergischen Ärztetag in Reutlingen. Anschließend müssten die Kommissionen die Einwendungen der Zentren prüfen.
Montgomery reagierte damit auf Kritik, dass die Veröffentlichung der Berichte über die Vor-Ort-Prüfungen der Lebtransplantationsprogramme um einige Monate auf voraussichtlich Anfang September verschoben wurde. Transparenz lasse sich nur herstellen auf der Grundlage eines korrekten Verfahrens, in dem auch Gegenstellungnahmen beachtet würden. In einigen Zentren seien zudem noch Nachprüfungen notwendig geworden, und auch diese müssten vor der Veröffentlichung der Ergebnisse abgeschlossen sein, teilte die Bundesärztekammer auf Anfrage mit.
Mit der Frage, wie das Vertrauen der Bevölkerung in die Organspende und –transplantation zurückgewonnen werden kann, nachdem im Sommer letzten Jahres Manipulationen von Patientendaten bekannt geworden waren, wollte die Landesärztekammer Baden-Württemberg Mitglieder und Öffentlichkeit darüber informieren, welche Maßnahmen zur Verbesserung des Systems bereits ergriffen worden sind und was noch geschehen muss, um die Bereitschaft zur postmortalen Organspende zu erhöhen.
„Das System der Organspende und Transplantation ist nach den Maßnahmen, die in den letzten Monaten getroffen worden sind, nie so sicher gewesen wie heute“, resümierte Ulrich Clever aus Freiburg, Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg, aus der Podiumsdiskussion im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt.
„Der bundesweite starke Rückgang der postmortalen Organspende innerhalb der letzten zwölf Monate aber hat uns alarmiert“, sagte Clever. „Wir wollten im Gespräch mit dem Bundesärztekammerpräsidenten, mit dem DSO-Vorstand Rainer Hess und der Journalistin Christina Berndt, über Hintergründe und Folgen der Auslösung des Transplantationsskandals und über die Lösungswege diskutieren“, sagte Clever.
Berndt hatte im Juni vergangenen Jahres in der Süddeutschen Zeitung erstmals über die nicht regelkonforme Transplantation eines aus dem ET-Bereich stammenden postmortalen Organs auf einen russischen Patienten am Universitätsklinikum Göttingen berichtet.
Wenige Wochen später folgte ein Artikel über mehrere gravierende Richtlinienverstöße, die die Prüfungs- und Überwachungskommission bei der Bundesärztekammer am Universitätsklinikum Göttingen festgestellt hatte und darüber den Mitgliedern der Deutschen Transplantationsgesellschaft bei ihrer Jahrestagung im Juli 2012 in Berlin berichtete. Inzwischen sind an insgesamt vier Universitätskliniken absichtliche Richtlinienverstöße festgestellt worden. Ein erster Prozess wegen Manipulation der Warteliste soll im August vor dem Landgericht Göttingen beginnen.
Für die baden-württembergischen Ärzte sei wichtig, dass Landessozialministerin Katrin Altpeter eine finanzielle Unterstützung der Fortbildung von Ärzten zu Transplantationsbeauftragten von 300.000 Euro zugesagt habe, so Clever. In der Diskussion sei auch die wesentliche Rolle von Hausärzten bei der Aufklärung von Patienten über Organspende deutlich geworden, gerade auch im Zusammenhang mit Patientenverfügungen. Allerdings würden Beratungsgespräche über solch komplexe Themen nicht angemessen honoriert. Das Engagement der Ärzte sei weiterhin zu würdigen und zu fördern, sagte Clever. © nsi/aerzteblatt.de

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