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Medizin

Mehrlingsschwanger­schaften: Zervixpessar könnte Frühgeburt verhindern

Montag, 5. August 2013

Amsterdam – Ein Zervixpessar, das den Muttermund entlasten und ausrichten soll, hat in einer randomisierten Studie die Rate von Frühgeburten bei Frauen mit Mehrlings­schwangerschaften und verkürzter Zervixlänge gesenkt, wie aus einer Publikation im Lancet (2013; doi: 10.1016/S0140-6736(13)61408-7) hervorgeht.

Mehrlingsschwangerschaften gehören zu den häufigsten Ursachen von Frühgeburten. Die intramuskuläre Gabe von 17-Alpha-Hydroxyprogesteron oder die intravaginale Behandlung mit Progesteron, die bei Einzelschwangerschaften manchmal den Geburtstermin hinauszögern können, haben sich als wirkungslos erwiesen, die klassische Zervix-Cerclage kann sogar Frühgeburten induzieren.

Eine schonende Alternative könnte das Einsetzen eines Zervixpessars sein. Statt die Zervix mit Nadel und Faden zu verschließen wird dabei zwischen der 16. und 20. Gestationswoche ein Silikonring über die Zervix gestülpt. Nach Auskunft eines Herstellers wird dadurch nicht nur der Gebärmuttermund verschlossen. Eine sakrale Ausrichtung der Zervix soll zusätzlich eine frühzeitige Einleitung der Geburt verhindern.

Die ProTwin-Studie hat jetzt das Produkt eines deutschen Herstellers an 40 Kliniken in den Niederlanden getestet. Insgesamt 813 Frauen wurden auf die Einlage des Zervixpessars oder auf eine Kontrollgruppe randomisiert. Primärer Endpunkt war ein Composite aus verschiedenen Frühgeburtskomplikationen wie Totgeburt, periventrikuläre Leukomalazie, bronchopulmonale Dysplasie, intraventrikuläre Blutung, nekrotisierende Enterokolitis, Sepsis oder neonatale Todesfälle.

Wie Sophie Liem vom Academisch Medisch Centrum in Amsterdam und Mitarbeiter berichten, erzielte das Zervixpessar in der Gesamtgruppe aller Schwangeren keine Wirkung. Bei Frauen mit einer starken Verkürzung des Muttermundes konnte das Zervixpessar jedoch die Rate von neonatalen Komplikationen um 60 Prozent senken (Relatives Risiko 0,40).

Das weite 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,19 bis 0,83 zeigt jedoch, dass der Beleg nicht einfach zu führen war. In zwei Aspekten wichen die Autoren zudem von den vor Studienbeginn festgelegten Grundsätzen ab. Zum einen war die Zahl der Teilnehmerinnen von 600 auf 813 erhöht worden.

Zum anderen wurde die Definition einer Zervixverkürzung von einer Länge von 25 Millimeter auf 38 Millimeter ausgedehnt. Die erste Änderung hat die Ergebnisse der Studie nicht verändert, versichert Liem, die zweite Modifikation sei notwendig gewesen, da nur sehr wenige Frauen eine Zervixlänge von unter 25 Millimeter aufgewiesen hätten und deshalb keine signifikanten Ergebnisse zu erwarten waren.

Da Änderungen des Designs im Verlauf einer Studie immer die Gefahr bergen, dass ein gewünschtes Ergebnis herbeigeführt wird, sind die Ergebnisse der Studie nach Ansicht der Editorialistin Nancy Chescheir von der Universität von North Carolina in Chapel Hill nicht frei von Zweifeln. Sie weist darauf hin, dass das Pessar bei fast der Hälfte der Frauen vor der 36. Woche entfernt wurde und dass diese Entfernung nicht selten eine Entbindung in den nächsten 48 Stunden zur Folge hatte.

Liem stimmt zu, dass die Zervixpessare in weiteren Studien untersucht werden sollten. Angesichts der geringen Kosten und der hohen Sicherheit kann ihrer Ansicht nach ein Zervixpessar bei Schwangeren mit einem hohen Risiko einer Frühgeburt schon jetzt als prophylaktische Maßnahme betrachtet werden. © rme/aerzteblatt.de

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