Vermischtes
Verfassungsgericht billigt Psychiatrie-Unterbringung von Straftätern
Donnerstag, 8. August 2013
Karlsruhe – Psychisch kranke Straftäter dürfen nach ihrer regulären Haft weiter in psychiatrischen Kliniken verwahrt werden. Mit einem heute in Karlsruhe veröffentlichten Beschluss hat das Bundesverfassungsgericht das entsprechende Therapie-Unterbringungsgesetz gebilligt. Die Unterbringung sei aber „verfassungskonform“ auszulegen und nur bei einer „hochgradigen Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten“ zulässig. (Az: 2 BvR 2302/11 und 2 BvR 1279/12)
Das Therapie-Unterbringungsgesetz war eine Reaktion auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zur Sicherungsverwahrung. Diese wird verhängt, wenn Straftäter nach Verbüßung ihrer ausgeurteilten regulären Haftstrafe weiter als gefährlich gelten.
Früher wurde die Sicherungsverwahrung erst nachträglich und auch über die Höchstdauer von zehn Jahren hinaus verhängt. Das hatte der EGMR 2009 als unzulässige „Strafe ohne Gesetz“ verworfen. Mehrere Straftäter wurden daraufhin freigelassen. Das 2011 in Kraft getretene Therapie-Unterbringungsgesetz sollte zumindest dann die weitere Verwahrung ermöglichen, wenn die Gefährlichkeit der Häftlinge auf eine „psychische Störung“ zurückgeht.
Dazu betonte nun das Bundesverfassungsgericht, dass es um einen vorbeugenden „schuldunabhängigen Freiheitsentzug“ im Interesse der Allgemeinheit geht. Dieser sei deutlich vom regulären Strafvollzug zu unterscheiden. Die Unterbringung sei daher nur unter erhöhten Anforderungen zulässig, wenn „eine hochgradige Gefahr schwerster Gewalt- oder Sexualstraftaten festgestellt werden kann“.
So verstanden sei das Therapie-Unterbringungsgesetz verfassungsgemäß, entschied das Bundesverfassungsgericht. Insbesondere schreibe das Gesetz auch vor, dass die Unterbringung besser sein muss als in der regulären Strafhaft. Weiter bestätigten die Karlsruher Richter die Gesetzgebungskompetenz des Bundes in dieser Frage.
Im konkreten Fall gab das Bundesverfassungsgericht der Verfassungsbeschwerde eines Mannes aus dem Saarland statt. Er hatte oft unter Alkoholeinfluss mehrere Gewaltdelikte begangen, meist mit Sexualbezug. Gestützt auf das Therapie-Unterbringungsgesetz hatte das Saarländische Oberlandesgericht seine weitere Verwahrung angeordnet. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidungen nun als unverhältnismäßig verworfen.
Bei einer neuen Prüfung müssen Behörden und Gerichte nun den jetzt festgelegten höheren Maßstab des Bundesverfassungsgerichts anlegen. Ob der Mann danach freigelassen werden muss, ist aber offen. © afp/aerzteblatt.de

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