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Medizin

Mitralinsuffizienz: Frühe Operation verlängert Leben

Mittwoch, 14. August 2013

Rochester – Eine operative Reparatur der Herzklappe ist bei Mitralinsuffizienz möglicherweise auch dann einer abwartenden Haltung überlegen, wenn die Patienten noch nicht symptomatisch sind. Eine Analyse von Patientenregistern im US-ameri­kanischen Ärzteblatt JAMA (2013; 310: 609-616) zeigt, dass die Patienten nach einer frühzeitigen Reparatur seltener an einer Herzinsuffizienz erkranken und eine höhere Lebenserwartung haben.

Schätzungsweise 2 Prozent aller Menschen entwickeln im Verlauf ihres Lebens eine Insuffizienz der Mitralklappe. Die Folge ist bei jeder Systole ein mehr oder weniger ausgeprägter Rückfluss des Blutes in den linken Vorhof. Diese Regurgitation führt anfangs nicht zu Symptomen und blieb vor Einführung der Echokardiographie (trotz eines typischen Auskultationsbefundes) häufig unbemerkt.

Inzwischen wird die Krankheit häufiger diagnostiziert und es stellt sich immer häufiger die Frage des Operationszeitpunktes, zumal im Anfangsstadium noch eine operative Reparatur möglich ist. Sie vermeidet unter Umständen eine spätere Austauschoperation mit ihren bekannten Nachteilen (erhöhtes Operationsrisiko symptomatischer Patienten, postoperative Antikoagulation nach Metallklappe, begrenzte Haltbarkeit von Bioklappen). Die US- Leitlinie favorisiert bereits eine frühzeitige Operation, während die europäischen Kardiologen zurückhaltender sind.

Größere prospektive klinische Studien zu dieser Frage gibt es nicht, so dass sich die Evidenz auf die Ergebnisse von letztlich retrospektiven Analysen von Patientenregistern stützen muss. Die Mitral Regurgitation International Database (MIDA) fasst hier die Erfahrungen aus sechs tertiären Zentren in Frankreich, Italien, Belgien und den USA zusammen. Im Zeitraum von 1980 bis 2004 wurden hier 2.097 Patienten behandelt. Darunter waren 1021 Patienten, bei denen es bisher nicht zu einer Herzinsuffizienz oder zu einer Störung der linksventrikulären Pumpfunktion gekommen war.

Rakesh Suri von der Mayo Clinic in Rochester und Mitarbeiter haben ihre Analyse auf diese Patienten beschränkt, bei denen die Indikation zu einer Operation derzeit unter Experten am meisten umstritten ist. Bei 575 Patienten entscheiden sich Kardiologen und Patienten gegen eine Reparatur der Herzklappe, die anderen 446 Patienten wurden innerhalb von 3 Monaten nach der Diagnose operiert. 


Die Operationsrisiken waren überschaubar: 5 Patienten (1,1 Prozent) starben nach der Operation und 5 (0,9 Prozent) entwickelten eine Herzinsuffizienz. Diese Komplikationen traten jedoch auch in der Vergleichsgruppe auf. Unter den medikamentös behandelten Patienten gab es in den ersten drei Monaten 3 Todesfälle (0,5 Prozent), 5 weitere Patienten entwickelten eine Herzinsuffizienz.

Langfristig hatten die operierten Patienten die bessere Prognose. Nach 5 Jahren lebten noch 95 Prozent, nach 10 Jahren waren noch 86 Prozent am Leben und 63 Prozent überlebten die Reparatur der Herzklappe 20 Jahre. Von den zunächst medikamentös behandelten Patienten betrugen die Überlebensraten nach 5 Jahren 84 Prozent, nach 10 Jahren 69 Prozent und nach 20 Jahren nur noch 41 Prozent.

Der direkte Vergleich der beiden Gruppen ist allerdings anfällig für Verzerrungen. So könnten sich die Chirurgen bevorzugt bei Patienten mit günstigen Risiken für eine Operation entschieden haben. Suri versucht, diese Einwände gleich mit drei unterschiedlichen statistischen Methoden zu entkräften. Eine adjustierte Analyse gleicht die unterschiedlichen Patienteneigenschaften rechnerisch aus, die Propensity-Analyse stellt modellhaft Patienten mit ähnlichen Eigenschaften gegenüber und die sogenannte „inverse probability–weighted analysis“ versucht, eine Störwirkung durch fehlende Patientendaten zu bereinigen.

In allen drei Analysen kann Suri die Vorteile einer frühzeitigen Operation bestätigen. Nach der Propensity-Analyse, der vielleicht aussagekräftigten der drei Methoden, senkt eine frühzeitige Mitralklappen-Reparatur das langfristige Sterberisiko um 48 Prozent (Hazard Ratio HR 0,52; 95-Prozent-Konfidenzintervall 0,35-0,79). Die Patienten erkrankten außerdem zu 56 Prozent seltener an einer Herzinsuffizienz. Die Zahl der Patienten mit einem Vorhofflimmern (eine mögliche Folge der Regurgitation) konnte dagegen nicht sicher gesenkt werden.

Die Ergebnisse der Studie könnten die Ausgestaltung künftiger Leitlinien beeinflussen. Die Entscheidung für oder gegen eine Operation dürfte aber auch in Zukunft von mehreren Faktoren abhängig gemacht werden, wirft die Editorialistin Catherine Otto von der University of Washington School of Medicine in Seattle ein. So dürften die Chirurgen bei einem hohen Operationsrisiko für den Patienten und geringen Aussichten auf eine erfolgreiche Reparatur eine abwartende Haltung bevorzugen. © rme/aerzteblatt.de

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