Medizin
Gerätefehler in der Roboterchirurgie werden zu selten gemeldet
Mittwoch, 4. September 2013
Baltimore – Komplikationen durch Gerätefehler in der Roboterchirurgie werden nach einer Studie an der John Hopkins Universität zu selten gemeldet und lassen Fragen zu der Sicherheit des Verfahrens offen. Die Forscher um Martin Makary veröffentlichten ihre Ergebnisse im Journal for Healthcare Quality (http://dx.doi.org/10.1111/jhq.12036).
Die Roboterchirurgie ist ein junges aber schnell wachsendes Feld in der Chirurgie. In den USA hat sich zwischen 2007 und 2011 die Anzahl der Operationen mit Robotereinsatz vervierfacht. Dabei kann ein Arzt über eine Steuerkonsole mehrere Roboterarme bedienen. Das Verfahren wird in der Regel bei minimalinvasiven Eingriffen angewandt, bei denen eine besonders präzise Arbeit notwendig ist.
Vorteile dieser Methode sind beispielsweise ein geringerer Personalaufwand, zitterfreies Arbeiten oder die Möglichkeit, in Gebieten zu operieren, die zu klein für menschliche Finger sind. Dennoch bemängeln einige Chirurgen die fehlende taktile Wahrnehmung während der Operation.
Ein weiteres Problem sind mögliche Ausfälle der Technik. Aus einer früheren Studie, welche die Forscher zitieren, ging hervor, dass 57 Prozent der befragten Chirurgen wenigstens einmal technisches Versagen während einer robotergestützten Operation erlebt haben und auf konventionelle Verfahren umsteigen mussten.
Die Forscher untersuchten jene Fälle, in denen Komplikationen durch Gerätefehler auftraten und die der U.S. Food and Drug Administration (FDA) gemeldet wurden. Bei technischen Problemen müssen die Chirurgen den Hersteller unterrichten. Der Hersteller ist dann dazu verpflichtet, die entsprechenden Fälle der FDA zu melden.
Seit dem Jahr 2000 wurden in den USA rund eine Millionen Operationen mit Roboterassistenz durchgeführt. Die FDA registrierte in diesem Zeitraum 245 Komplikationen mit 71 Todesfällen, die durch Gerätefehler zustande kamen. Gemessen an der Gesamtzahl der Operationen hielt die Arbeitsgruppe die niedrige Zahl der Komplikationen für unglaubwürdig.
Die Forscher untersuchten daher mit Hilfe der Datenbanken LexisNexis und PACER Medienberichte und Gerichtsurteile zu solchen Komplikationen. Sie fanden acht Fälle in denen Komplikationen durch Gerätefehler nicht korrekt gemeldet wurden, fünf Fälle in denen überhaupt keine Meldung erfolgte und zwei Fälle, die nur auf den medialen Druck hin gemeldet wurden. 43 Prozent der Komplikationen traten bei einer Hysterektomie auf, 22 Todesfälle waren auf eine gynäkologische Operation zurück zuführen. Gynäkologische Operationen waren laut den Forschern am häufigsten betroffen.
Da nicht alle Komplikationen zu Schadenersatzklagen führen oder an die Presse weitergetragen werden, dürfte es sich bei den recherchierten Fällen um die Spitze eines Eisbergs handeln. Für Makary ist MAUDE deshalb nicht geeignet, um die Sicherheit von Medizinprodukten zu überprüfen.
Er rät deshalb zu qualitätssichernden Maßnahmen wie dem National Surgical Quality Improvement Program (NSQIP), mit der das American College of Surgeons die Leistungen von US-Chirurgen überprüft. Hier werden die Komplikationen nicht von den Chirurgen gemeldet, sondern von Krankenschwestern, die die Operationsberichte nach etwaigen Komplikationen untersuchen.
Die Firma Intuitive Surgical aus Sunnyvale, Kalifornien, der Hersteller von „da Vinci“, dem mit Abstand am häufigsten eingesetzten Operationsroboter, weist in einer Stellungnahme den Vorwurf zurück, Komplikationen unterschlagen zu haben. Man könne nur die Fälle weiterleiten, die von den Chirurgen an die Firma weitergetragen wurden. © hil/rme/aerzteblatt.de

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