Politik
Fresenius kauft 43 Rhön-Kliniken für rund drei Milliarden Euro
Freitag, 13. September 2013
Bad Homburg – Mit der Übernahme eines Großteils der Rhön-Klinikum AG schafft der Medizinkonzern Fresenius SE einen neuen europäischen Krankenhausriesen. In einer Adhoc-Mitteilung kündigte das Unternehmen aus Bad Homburg in der Nacht zum Freitag an, seine Tochter Fresenius Helios übernehme 43 Kliniken und 15 medizinische Versorgungszentren von Rhön. Der Kaufpreis belaufe sich auf 3,07 Milliarden Euro.
Es entstehe der größte private Klinikbetreiber Europas mit insgesamt 117 Kliniken und 50 medizinischen Versorgungszentren, erklärte die Fresenius-Tochter Helios: „Künftig wird die Mehrheit der Menschen in Deutschland binnen einer Stunde eine Helios-Klinik erreichen können“. Der Kauf muss von den Kartellbehörden noch genehmigt werden. Er soll Ende des Jahres abgeschlossen sein.
Fresenius hatte Rhön-Klinikum bereits im vergangenen Jahr ganz übernehmen wollen, war aber mit seinem Angebot an die Aktionäre gescheitert. Die Anteilseigner dienten Fresenius nur 84,3 Prozent der Aktien an, Fresenius hatte aber eine Mindestannahmequote von 90 Prozent zur Bedingung gemacht. Verhindert hatte die Übernahme der Konkurrent Asklepios mit einer dafür eigens erworbenen Beteiligung an Rhön-Klinikum.
Den Kauf der Kliniken und Versorgungszentren mit einem Umsatz von rund zwei Milliarden Euro müssen die Aktionäre nun nicht absegnen - dafür „im Einzelfall die vormaligen kommunalen Träger beziehungsweise die Minderheitsgesellschafter“. Vom Kauf der Rhön-Kliniken erhofft sich Fresenius Helios auch Kostenvorteile, etwa beim Einkauf.
„Viele werden die Vorteile aus der gemeinsam erreichten Größe und Flächenpräsenz begrüßen“, erklärte Helios-Chef Francesco De Meo. „Einige werden sie mit Sorge betrachten." Diese Sorgen seien aber unbegründet. Mit einem „Verbund dieser Größe“ könnten die Unternehmen ihre Zusammenarbeit zwischen Krankenhäusern unterschiedlicher Versorgungsstufen verbessern, die Versorgung ländlicher Gebiete aufrecht erhalten sowie neue Angebotsmodelle entwickeln.
Fresenius
Der Medizinkonzern Fresenius stellt Produkte für die Dialyse, Generika oder auch Infusionslösungen her. Er betreibt Krankenhäuser und Dialysekliniken.
Die Gruppe ist gleich zweimal im Leitindex Dax vertreten: Neben der Mutter Fresenius SE & Co. KGaA ist auch die wichtigste Tochter Fresenius Medical Care AG & Co. KGaA (FMC) gelistet. 2012 erzielte die Gruppe 19,3 Milliarden Euro Umsatz. Der Konzern beschäftigte Ende Juni 173 325 Menschen.
Zu Fresenius zählen vier Bereiche, darunter der Klinikbetreiber Helios mit zuletzt 74 Krankenhäusern, 43 kommen nun von der Rhön-Klinikum AG hinzu. Helios mit Sitz in Berlin beschäftigt rund 43 000 Mitarbeiter
Rhön kündigte derweil eine Neuausrichtung der Unternehmensstruktur und -strategie an. Der Konzern wolle sich in Zukunft vor allem auf Einrichtungen konzentrieren, an denen eine spitzenmedizinische Vollversorgung einher mit universitärer Forschung geht.
Die Basis dieser „neuen Rhön“ seien daher die Standorte Bad Berka, Bad Neustadt a. d. Saale, Frankfurt (Oder) sowie die Universitätskliniken Gießen und Marburg mit rund 5.300 Betten. Sie sollen weiterhin als unabhängiger Unternehmensverbund unter dem sogenannten „Campus‐Konzept“ geführt werden. Die Einrichtungen haben jeweils eine Kapazität zwischen 650 und 1.200 Betten. Die „neue Rhön“ startet mit einem Umsatz von rund 1 Milliarde Euro und beschäftigt schon heute rund 15.000 Mitarbeiter.
Der Marburger Bund warnte davor, dass der Umbau der Rhön-Klinikum AG zulasten der Mitarbeiter gehe. „Wir werden sehr genau hinschauen, welche Konsequenzen aus dem Deal für die Ärztinnen und Ärzte in den betroffenen Kliniken erwachsen und stehen unseren Mitgliedern beratend zur Seite", erklärte Andreas Botzlar, 2. Vorsitzender des Marburger Bundes in Berlin. Sowohl mit dem Rhön-Krankenhauskonzern als auch mit der Helios Kliniken GmbH hat der Marburger Bund Ärzte-Tarifverträge abgeschlossen.
Der Chef des privatisierten Uniklinikums Gießen-Marburg (UKGM) begrüßte die Neuausrichtung. Dadurch werde das UKGM im Mittelpunkt des neuen Verbundes stehen, sagte Martin Menger, der Vorsitzende der Geschäftsführung, am Freitag. Die Uniklinik werde gestärkt aus der Veränderung hervorgehen. Die Rhön Klinikum AG ist die Betreiberin des privatisierten UKGM.
Für den Gießener Betriebsratsvorsitzenden Klaus Hanschur sind die Folgen des Deals für das Krankenhaus dagegen noch offen: „Wir werden jetzt die Fakten sortieren und nicht spekulieren.” Er kritisierte, dass weder die Betriebsräte des Uniklinikums noch des Rhön-Konzerns vorab von der Übernahme informiert worden seien. „Da werden Kliniken verschachert, aber die Rechte der Mitarbeiter überhaupt nicht berücksichtigt.”
Stadt Wiesbaden hat juristische Bedenken
Die Stadt Wiesbaden meldete unterdessen juristische Fragen zum Verkauf der Rhön-Kliniken an. In der hessischen Landeshauptstadt sind drei Krankenhäuser von dem Eigentümerwechsel betroffen, die Deutsche Klinik für Diagnostik (DKD), die Aukamm-Klinik und die erst 2012 teilprivatisierten Horst-Schmidt-Kliniken (HSK).
„Die Nachricht hat uns heute früh kalt erwischt. Weder die Stadt noch die HSK waren über diese Transaktion informiert”, erklärten Oberbürgermeister Sven Gerich und Klinikdezernent Axel Imholz (beide SPD) am Freitag. „Die Ankündigung wirft rechtliche und inhaltliche Fragen auf.”
Die Stadt verwies auf den Vertrag, mit dem die Rhön Klinikum AG 49 Prozent der Horst-Schmidt-Kliniken übernommen hatte. Der neue Eigentümer müsse alle Verpflichtungen übernehmen. Dazu zählt ein Neubau der HSK. „Betriebsbedingte Kündigungen müssen ausgeschlossen sein”, betonten Gerich und Imholz. © dpa/afp/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema

