Ärzteschaft
Internisten: Budgetierung in der ambulanten Versorgung beenden
Freitag, 27. September 2013
Berlin – Der Präsident des Berufsverbandes Deutscher Internisten (BDI) hat die neue Bundesregierung dazu aufgefordert, den Anfang der Legislaturperiode zu nutzen, um grundsätzliche Strukturänderungen anzustoßen. „Im Laufe einer Legislaturperiode kommt der Moment, ab dem die Gesundheitspolitik nur noch auf Entwicklungen reagieren kann“, sagte Wolfgang Wesiack gestern auf dem 6. Deutschen Internistentag in Berlin. Deshalb lohne es sich gleich am Anfang, sich grundlegende Gedanken zu machen.
Strukturelle Reformen fordert der BDI im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). „Der Gesundheitsfonds mit seinen einheitlichen Beiträgen sowie das starre Leistungsrecht haben die gesetzliche Krankenversicherung schon jetzt weitgehend gleich geschaltet und für innovative Verträge mit Leistungserbringern eingemauert“, kritisierte Wesiack. Den Kassen müsse die Möglichkeit gegeben werden, in einen echten Wettbewerb um bessere Versorgungskonzepte treten zu können – sowohl um strukturelle Konzepte wie die hausarztzentrierte Versorgung als auch um medizinische Verfahren wie die interventionelle Kardiologie.
Einen Wettbewerb zwischen den Kassen würde es Wesiack zufolge befördern, wenn diese nicht mehr als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisiert sein müssten. Es wäre ein „Riesenfortschritt“, wenn auch gesetzliche Kassen eine andere Unternehmensform wählen könnten, so der BDI-Präsident.
Wesiack sprach sich dafür aus, im Rahmen einer Strukturreform den Gesundheitsfonds wieder abzuschaffen und auch den GKV-Spitzenverband rückabzuwickeln. Zudem solle die Politik einen verpflichtenden Grundleistungskatalog definieren, der von allen Krankenkassen angeboten werden müsse.
„Heute ist der Leistungskatalog praktisch unbegrenzt“, befand Wesiack. Zugleich werde die ambulante Vergütung jedoch budgetiert. Eine Sicherstellung der Gesundheitsversorgung sei unter diesen Bedingungen ohne eine Rationierung der Leistungen nicht mehr zu gewährleisten.
Feste Preise für definierte Leistungen
„Ärzte wollen ihren Patienten zu allererst helfen, und sie helfen ihnen auch, wenn sie am Ende des Quartals kein Honorar mehr dafür erhalten“, so Wesiack. Diese ethische Verpflichtung des Arztes so auszunutzen, wie es bislang geschehe, sei aber unethisch. Deshalb müsse die Budgetierung in der ambulanten Versorgung beendet und stattdessen feste Preise für definierte Leistungen eingeführt werden.
Das duale Krankenversicherungssystem aus privater Krankenversicherung (PKV) und GKV will der BDI hingegen beibehalten. Die PKV biete eine Alternativ, die innovativ sei und ein schnelleres Leistungsrecht habe, betonte Wesiack. Insofern sei sie ein Motor für die gesetzliche Krankenversicherung.
Auch der stationäre Bereich, namentlich das DRG-System, sei dringend renovierungsbedürftig, unterstrich der Vizepräsident des BDI, Hans-Friedrich Spies. Denn in diesem System würden ärztliche Entscheidungen heute durch ökonomische Zwänge fremdbestimmt. Das dürfe aber nicht geschehen. Zwar müsse das DRG-System nicht gänzlich abgeschafft werden. Doch für die Krankenhäuser müsse die Kalkulationssicherheit erhöht werden, damit sie über viele Jahre stabil arbeiten könnten.
Spies kritisierte darüber hinaus, dass die Häuser ihre Investitionen heute vielfach durch die Erlöse aus den DRGs querfinanzieren müssten, weil die Bundesländer ihrer Verpflichtung zur Investitionsfinanzierung nicht nachkämen. Die neue Regierung müsse deshalb dafür sorgen, dass die Länder dieser Verpflichtung wieder nachkommen. „Oder sie muss den Mut aufbringen, die duale Krankenhausfinanzierung in eine monistische zu überführen“, so Spies. © fos/aerzteblatt.de
