Ärzteschaft
Magenverkleinerung bei Heranwachsenden umstritten
Montag, 14. Oktober 2013
Berlin – „In Deutschland sind knapp zwei Millionen Kinder zu dick“, sagte Philipp O. Szavay, Chefarzt an der Kinderchirurgischen Klinik in Luzern, heute auf der Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) anlässlich des 4. Weltkongresses der Kinderchirurgen in Berlin. Von diesen Kindern und Jugendlichen seien 1,1 Millionen übergewichtig, weitere 800.000 sogar adipös, so Szavay.
Aus einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung aus dem vergangenen Jahr geht hervor, dass Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wie Diäten und Sport bei übergewichtigen Heranwachsenden meist keine langfristige Wirkung zeigen. Schätzungen zufolge nehmen drei Viertel aller dickleibigen Kinder ihr Übergewicht mit in das Erwachsenenalter.
Drohende soziale Ausgrenzung
Neben den bekannten Folgen von Fettleibigkeit wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Beschwerden, Gelenkproblemen und Haltungsschäden, kommt bei Kindern meist auch die soziale Komponente hinzu: Sei leiden oft unter der Ausgrenzung durch Gleichaltrige.
In der Erwachsenenmedizin wird bei hochgradig übergewichtigen Personen häufig die bariatrische Chirurgie angewendet. Bei dem Eingriff werden Teile von Magen oder Darm entfernt; die Patienten verlieren danach rasch an Gewicht, auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes mellitus kann damit entgegengewirkt werden. Zwischen Januar 2005 und Dezember 2012 wurden in Deutschland mehr als 22 000 adipositaschirurgische Eingriffe dokumentiert.
Bariatrische Operationen: Langzeituntersuchungen fehlen
Auch bei Heranwachsenden spielt ein solcher Eingriff eine immer größere Rolle: Mehr als 1.000 Patienten unter 21 Jahren bekamen in diesem Zeitraum ihren Magen-Darm-Trakt verkleinert. Doch die Gewichtsreduktion per Operation ist umstritten. Neben juristischen und ethischen Aspekten seien wichtige medizinische Fragen unbeantwortet, erklärte Szavay: „Uns fehlen vor allem Informationen über Langzeitergebnisse eines so gravierenden Eingriffs.“ Studien zeigten, dass weniger als 20 Prozent der Jugendlichen nach der Operation die notwendigen Nahrungsergänzungen an Proteinen und Vitaminen einnehmen würden. Die häufige Folge: Wachstumsstörungen und Mangelerscheinungen.
Junge Patienten müssten in Vor- und Nachsorgeprogramme eingebunden und durch Teams aus Ärzten, Sozialarbeitern, Ernährungsberatern und Psychologen betreut werden, forderte Szavay. Dies passiere bisher nur im Ausnahmefall. © Ol/aerzteblatt.de

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.