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Ärzteschaft

BÄK: Sprechende Medizin soll in neuer GOÄ stärker betont werden

Freitag, 1. November 2013

Frank Ulrich Montgomery

Berlin – Der Präsident der Bundesärztekammer (BÄK) hat begrüßt, dass die SPD offenbar ihr Vorhaben, eine Bürgerversicherung in Deutschland einzuführen, aufgegeben hat. „Ich glaube schon, dass die SPD erkannt hat, dass eine derartige Reform des Gesundheitswesens bei den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen nicht umsetzbar ist“, sagte Frank Ulrich Montgomery heute vor Journalisten in Berlin.

Denn in dem vom SPD-Konvent verabschiedeten Zehn-Punkte-Plan sei von einer Bürgerversicherung keine Rede mehr. Montgomery zeigte sich zudem zuversichtlich, dass auch eine „Bürgerversicherung Light“ in Form eines einheitlichen Gebühren­rahmens oder eines einheitlichen Versichertenmarktes nicht kommen werde.  

PKV reformieren
Erneut bekannte sich der BÄK-Präsident deutlich zum dualen Versicherungssystem. Zugleich betonte er jedoch, dass die private Krankenversicherung (PKV) reformiert werden müsse. So könne es nicht sein, dass manche PKV-Tarife das Leistungsniveau der gesetzlichen Krankenversicherung unterschritten. Zudem müsse gewährleistet werden, dass PKV-Versicherte ihre Alterungsrückstellungen bei einem Wechsel innerhalb des PKV-Systems mitnehmen dürften.

Im Hinblick auf die Novellierung der Amtlichen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) betonte Montgomery, dass „wir in den Verhandlungen mit dem PKV-Verband gut weitergekommen sind“. Die GOÄ sei nun bei sämtlichen Leistungspositionen betriebswirtschaftlich durchkalkuliert. Die sprechende Medizin sei dabei im Vergleich zu den technischen Leistungen stärker betont worden.

Wenn die Verhandlungen mit dem PKV-Verband abgeschlossen seien, werde das Ergebnis dem neuen Gesundheitsminister vorgelegt werden. Wie dieser die GOÄ-Novellierung weiterhin behandle, werde dann davon abhängen, welcher Partei er angehöre.  

GOÄ: Inflationsausgleich dringend notwendig
Montgomery forderte, noch im Vorfeld der GOÄ-Novellierung einen Inflationsausgleich vorzunehmen. „Bei den Rechtsanwälten hat es seit 1996 drei Anpassungen der Gebührenordnung gegeben – allein um die Inflation auszugleichen“, sagte der BÄK-Präsident. Bei der GOÄ hingegen habe es keine einzige gegeben. Seither sei die Inflationsrate um 30,4 Prozent angestiegen. Bis es zu der GOÄ-Novellierung komme, müsse nun ein Inflationsausgleich „mit der Gießkanne“ vorgenommen werden. 

Darüber hinaus forderte der Präsident der Bundesärztekammer eine Weiterentwicklung des DRG-Systems. „Alle schimpfen auf das System, dabei ist es im Kern vernünftig“, sagte Montgomery. Das Problem seien die Rahmenbedingungen der Krankenhaus­finanzierung. Denn zum einen hätten sich die Bundesländer aus ihrer Verantwortung gestohlen, die Krankenhausinvestitionen zu finanzieren.

Vor 15 Jahren seien noch zehn Prozent des Investitionshaushalts für die Krankenhaus­finanzierung bereitgestellt worden, heute nur noch 3,5 Prozent. In anderen Wirtschafts­bereichen gäbe es durchschnittlich Zuschüsse in Höhe von 17 Prozent. „Es muss etwas für die Planungssicherheit getan werden, sonst gehen unsere Krankenhäuser vor die Hunde“, warnte Montgomery. Zum anderen müssten sowohl die Tariflohnsteigerungen als auch die Personalentwicklungskosten in den Fallpauschalen berücksichtigt werden.  

Absage an Selektivverträge im stationären Bereich
Montgomery warnte zudem vor Selektivverträgen im stationären Bereich. Denn es sei falsch,  mit Hilfe von Selektivverträgen einzelne Krankenhäuser kurzfristig zu bevorzugen und damit vehement in den Charakter der Krankenhausplanung einzugreifen. / Ol © Ol/aerzteblatt.de

Kommentare

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Avatar #104249
Senbuddy
am Montag, 4. November 2013, 16:42

Die Ausführungen von Herrn Montgomery...

... halte ich für korrekt und vernünftig.

Und es ist in der Tat sehr zu begrüssen, dass die PKven nicht a la Lauterbach "um die Ecke gebracht" werden sollen. Denn ohne private Konkurrenz würden sich die GKVen noch mehr zum kaum kontrollierten und kontrollierbaren "Staat im Staate" entwickeln. Und gandenlosen gesetzlichen Beitragssteigerungen wären auch politischerseits Tür und Tor geöffnet.

Immerhin liegt der Eigenanteil mit Pflege schon heute bei 9,48 % vom Einkommen (GKV 8,2 % und GPV ohne Kind 1,275%) und damit bereits höher als der der Rentenverscherung (9,45 %).

Übrigens: Der Höchstbeitrag der GKVen ist in den letzten 30 Jahren um über 6 % pro Jahr gestiegen. Das sind Beitragssteigerungen, die kein privat Versicherter über so einen langen Zeitraum erlebt hat.

Viele Grüße
S.
Avatar #106067
dr.med.thomas.g.schaetzler
am Sonntag, 3. November 2013, 11:21

BÄK und die "sprechende" Verhandlungstransparenz?

Offensichtlich ist dem Präsidenten der Bundesärztekammer entgangen, dass die GKV mit einem Wirkungsgrad von fast 90 Prozent in der Gesamtbevölkerung ein über 100 Jahre altes solidarisches, beitragsfinanziertes Erfolgsmodell einer klassischen "B ü r g e r v e r s i c h e r u n g" darstellt: Mit einem ansehnlichen Sozialausgleich bei derzeit hohen Finanzierungsreserven, die eine Absenkung des bisherigen Beitragssatzes von 15,5 auf 12 bis 13 Prozent erlauben würden. Die Rückkehr zur paritätischen Finanzierung mit weiterer Beitragssatz-Senkung wäre möglich, wenn die Beitragsbemessungsgrenze schrittweise erhöht und der zur Sanierung des Bundeshaushalts erheblich zusammengestrichene gesetzliche Bundeszuschuss zur GKV wieder angemessen abgebildet würde. Eine friedliche Koexistenz von GKV und PKV brächte mehr Ruhe in die kontroversen, ideologischen Grabenkämpfe.

Die Privaten Krankenversicherungen (PKV) haben k e i n e risikoadaptierten "Alters-Rückstellungen". Dies belegen jährlich höhere Prämienforderungen, an die Kunden. Z. Zt. gerne propagandistisch mit den neuen "Unisex"-Tarifen begründet, obwohl dabei die PKV für Frauen eigentlich nur billiger, für Männer geringfügig teuerer werden sollte. Das gesamte PKV-System ist nichts anderes als eine verkappte Umlagekasse mit einem Kapitalstock und folgt mehrheitlich den Kapitalverwertungsinteressen seiner Aktionäre und Anteilseigner. Dies belegen:
• massive Prämienerhöhungen über die Lebensspanne der PKV-Versicherten
• geschlossene Tarifsparten ohne Neu-Zuwachs durch junge, gesunde Versicherte
• überhöhte Alterstarife bei Rentnern und Pensionären
• Leistungsausschlüsse gegenüber GKV-Versicherungsstandards (Krankengeld)
• bilanzgesteuerte Genehmigung von Prämienerhöhungen durch die BaFin.
PKV-Unternehmen versichern gar nicht mehr auf e i g e n e s, unternehmerisches Risiko die Krankheitsrisiken ihrer Versicherungsnehmer, sondern wälzen steigende Kosten über Prämienerhöhungen auf ihre Kunden ab. Lediglich die Debeka-Versicherung ist reformfreudiger: Weitgehend vollständige Übernahme des GKV-Leistungskatalogs und transparente Geschäftspolitik.

Dass die BÄK jetzt auch noch i n h a l t l i c h e Modifikationen der GOÄ in Richtung "Sprechende Medizin" anstrebt, ist wahrhaftig der zweite Schritt vor dem ersten:
Die Bundesärztekammer und der PKV-Verband der Privaten Krankenversicherer konnten und wollten sich nicht einigen.
Und die BÄK hat ihre GOÄ-Reform seit 1987 vertändelt und vertrödelt. Hierzu die Chronologie:
• Systematik auf dem Stand vom 16.4.1987 (BGBl. I, S. 1218)
• GOÄ-Punktwert-Steigerung in 30 Jahren (1983-2013) um 14 %
• kalkulatorischer Punktwert 10 (1983), 11 (1988), 11,4 Pfennige (1996)
• Punktwertanstieg von 0,47%/Jahr mit Facharzt-lastiger Mengenausweitung

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund
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