Hochschulen
Streit um Rolle der Allgemeinmedizin im Studium
Montag, 4. November 2013
Berlin – Die Rolle der Allgemeinmedizin im Studium zu stärken hat die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) gefordert: Mit einem vom Präsidium sowie der Sektion Studium und Hochschule entwickelten Positionspapier erklärt die Fachgesellschaft, dass alle Studierenden von einer Ausbildung in allgemeinmedizinischen Lehrpraxen profitieren würden. Als Ideallösung sieht die wissenschaftliche Fachgesellschaft der deutschen Hausärzte ein Allgemeinmedizin-Quartal im praktischen Jahr (PJ) an.
Eine entsprechende Änderung der Approbationsordnung hatte der Bundesrat im Mai 2012 nach Protesten der Studierenden abgelehnt. „Die DEGAM ist aber nach wie vor davon überzeugt, dass aufgrund des zukünftig hohen Bedarfs an Hausärzten dieses Fach integraler Bestandteil des Medizinstudiums und der abschließenden Staatsexamensprüfung sein sollte“, hieß es aus der Fachgesellschaft. Sie erneut daher ihren Vorschlag, das PJ künftig in vier Quartale zu gliedern.
Kritik an dem Vorstoß kommt von den Medizinstudierenden: „Wir lehnen eine Verpflichtung über die bisherigen PJ-Pflichtabschnitte hinaus auch weiterhin ab – egal, ob in einem Tertial oder Quartal“, sagte Theodor Uden, Vorsitzender der Medizinstudierenden im Hartmannbund.
Dies sei überflüssig, da die Allgemeinmedizin in der neuen Approbationsordnung bereits ausreichend Berücksichtigung gefunden habe – durch die eingeführte Pflichtfamulatur, die flächendeckend umgesetzt werden soll, und durch die neue Regelung, dass bis 2015 für zehn Prozent der Studierenden und ab 2019 für alle Studierenden Plätze für ein Wahltertial in der Allgemeinmedizin vorhanden sein müssen. © hil/aerzteblatt.de

Hat sich geändert...
https://studyguide.meduniwien.ac.at/curriculum/n202-2013/attachment/4520/download/23_kpj-beschluss-der-curriculumkommission-humanmedizin.pdf
und
http://www.medunigraz.at/images/content/file/studium/humanmedizin/pdf/studienplan_v11_01102013.pdf (S. 20). Nix mehr also mit felix austria.

aus Sicht eines zukünftigen Nicht-Hausarztes...
Zuletzt ein kurzer Vergleich: Ich bin derzeit Weiterbildungsassistent in einem Fach der unmittelbaren Patientenversorgung, welches aber doch recht entfernt von der Allgemeinmedizin angesiedelt ist. Das Fach ist nicht allzu groß, trotzdem herrscht auch bei uns ein deutlicher Ärztemangel. Es käme aber weder die Fachgesellschaft, noch die standespolitische Vertretung auf die Idee, für mein Fach ein Pflichttertial zu fordern. Das würde zurecht unter der Firma Realsatire laufen. Daher empfehle ich auch der DEGAM - auch wenn natürlich die Hausärzte den releativ größten Anteil unter den Medizinern ausmachen, doch ein wenig Augenmaß in ihren Forderungen.

Hartmannbund hasst Allgemeinmedizin?
Proteste der Studierenden aus Sicht der "Sturm und Drang"-Phase einer verwissenschaftlichten, an konkurrierenden Fachdisziplinen orientierten Spartenmedizin sind durchaus verständlich und nachvollziehbar. Sie werden jedoch durch die Realität konterkariert: Über 40 Prozent der später im Berufsfeld ambulante Medizin Tätigen werden über kurz oder lang dann doch in der Grundversorgung von Allgemeinmedizin und verwandten Fächern landen.
Die DEGAM ist durchaus berechtigt, universitäre Ausbildungsreformen und PJ-Pflichtabschnitte z. B. als Modellversuch zu fordern. Hausärztliche Allgemeinmedizin bedeutet ökologisch wie ökonomisch optimale Ausnutzung vorhandener Ressourcen. 80 bis 85 Prozent aller Beratungsanlässe werden innerhalb dieses Fachgebietes gelöst. Sie stellt eine adäquate Lotsen- und Steuerungsfunktion für ambulante/klinische, fach- und spezialärztliche Weiterbehandlung bzw. planvoll risikoadaptierte Stufendiagnostik und -therapie dar. In der biografischen Lebenswirklichkeit unserer Patientinnen und Patienten bzw. im ärztlichen Behandlungsalltag zwischen lapidarer Befindlichkeitsstörung und hochdramatischen Krankheitsverläufen sind die fach-/spezialärztlichen Behandlungen und klinischen Krankenhausbehandlungen grundsätzlich Ausnahmesituationen. Die lebenslange, generationenübergreifende, bio-psycho-soziale Begleitung ist d a s Metier der hausärztlichen Profession.
Dass ausgerechnet der Hartmannbund (HB) hier dazwischen grätschen will, ist bezeichnend für Standes- bzw. Facharztdünkel und Ausgrenzungsbestrebungen in diesem Verband.
Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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