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Medizin

Leigh-Syndrom: Sirolimus könnte tödliche Mitochondriopathie abmildern

Freitag, 15. November 2013

Seattle – Rapamycin, besser bekannt als Sirolimus, hat in einem Mäusemodell des Leigh-Syndrom den Verlauf der Mitochondriopathie verlangsamt und die Überlebenszeit verlängert. Dies berichten US-Forscher in Science (2013; doi: 10.1126/science.1244360). Da Sirolimus als Immunsuppressivum zugelassen ist, könnte schon bald mit klinischen Studien begonnen werden.

Mit einer Erkrankung auf 40.000 Neugeborenen ist das Leigh-Syndrom zwar selten. Es ist aber die häufigste angeborene Mitochondriopathie. Die Funktionsstörungen in den Mitochondrien, den „Kraftwerken“ der Zelle, führt dazu, dass Kinder mit Leigh-Syndrom im Wachstum zurückbleiben.

Sie leiden unter Muskelschwäche, Atemstörungen und diversen neurologischen Ausfällen, die Folge einer fortschreitenden Enzephalopathie mit zunehmenden Störungen in Hirnstamm und Basalganglien sind. Die Kinder sterben häufig im Alter von sechs bis sieben Jahren an Atemversagen. Eine effektive Therapie gibt es nicht (auch wenn versucht wird, durch eine kohlenhydratarme Diät die Laktatazidose zu vermindern).

Ein Leigh-Syndrom kann durch Mutationen in mehr als 30 verschiedenen Genen ausgelöst werden. Die meisten führen zu Störungen in einem der fünf Enzymkomplexe der Atmungskette. Für einen Auslöser (Ndufs4 aus dem Komplex II der Atmungskette) gibt es ein Mäusemodell, an dem das Team um Matt Kaeberlein von der Universität von Washington in Seattle jetzt die Wirkung von Rapamycin untersucht hat.

Rapamycin hemmt im Körper das Protein mTOR (mechanistic target of rapamycin), das in den Zellen vielfältige Wirkungen hat, unter anderem auch im Energiestoffwechsel. Die Forscher hatten kürzlich an Hefezellen nachgewiesen, dass eine Hemmung von mTOR die Funktion der Atmungskette verbessert. Kaeberlein ließ deshalb die Wirkung von Rapamycin an Mäusen untersuchen, denen beide Ndufs4-Gene fehlen, was ein Leigh-ähnliches Krankheitsbild zur Folge hat.

Rapamycin konnte in den Tierversuchen das Leigh-Syndrom nicht heilen. Das wäre nur durch eine Gentherapie möglich, die es derzeit nicht gibt. Der mTOR-Inhibitor konnte jedoch den Beginn der neurologischen Symptome hinauszögern, die Neuroinflammation mildern und Hirnläsionen verhindern. Außerdem wurde die Lebenszeit, die im Mäusemodell des Leigh-Syndroms median 50 Tage beträgt, bei männlichen Tieren auf 114 Tage und bei weiblichen Tieren auf 111 Tage verlängert. Ein Tier lebte sogar 269 Tage.

Der genaue Wirkungsmechanismus ist unbekannt. Kaeberlein vermutet aufgrund weiterer Untersuchungen, dass Rapamycin die Energieversorgung weg von der Glykolyse hin zum Abbau von Aminosäuren und zur Fettverbrennung umstellt. Dadurch könnte die Bildung von Laktat als Endprodukt einer sauerstofffreien Glukoseverwertung vermindert werden. Das Leigh-Syndrom geht mit einer schweren Laktatazidose einher.

Ob die Therapie auch bei Kindern mit Leigh-Syndrom wirksam wäre, lässt sich nicht vorhersagen. Zu bedenken ist, dass das Mausmodell nur eine von vielen Ursachen der genetischen Erkrankung abdeckt. Andererseits wirkt mTOR auf einer breiten Ebene. Kaeberlein könnte sich vorstellen, dass auch andere Mitochondriopathien auf die Therapie ansprechen. Im Einzelnen käme dies auf einen Versuch an.

Sirolimus ist aber nicht frei von Nebenwirkungen. Außer der Immunsuppression kommt es beispielsweise zu einer Hyperlipidämie und einer gestörten Wundheilung. Hinzu kommt, dass die Erfahrungen mit dem Wirkstoff bei Kindern begrenzt sind, und eine effektive Therapie müsste wohl schon bald nach der Geburt beginnen. Der Einsatz von Sirolimus beim Leigh-Syndrom dürfte deshalb zunächst im Rahmen klinischer Studien erfolgen. In der Datenbank clinicaltrials.gov gibt es hierzu noch keine Einträge. © rme/aerzteblatt.de

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