Medizin
Jodmangel: Stillende Mutter versorgt Säugling am besten
Dienstag, 26. November 2013
Zürich – Um in Jodmangelgebieten eine ausreichende Versorgung von Säuglingen sicherzustellen, führt der indirekte Weg über die Muttermilch eher zum Ziel. Eine randomisierte Studie in Lancet Diabetes and Endocrinology (2013; doi: 10.1016/S2213-8587(13)70155-4) ergab, dass die Einnahme von Jodkapseln durch die Mutter Entwicklungsstörungen des Kindes besser verhindert, als wenn das Kind Jodkapseln einnimmt – vorausgesetzt natürlich der Säugling wird gestillt.
In Jodmangelgebieten, in denen die Bevölkerung kein jodiertes Salz verwendet, laufen Neugeborene auch heute noch Gefahr, infolge einer Hypothyreose dauerhaft Hirnschäden zu erleiden. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) rät deshalb dringend zu einer Jodsubstitution. Sie bevorzugt hier die einmalige Gabe einer Joddepotkapsel an die Mütter. Sie soll ausreichende Vorräte von Mutter und Kind sicherstellen. Eine direkte Substitution des Kindes wird nur empfohlen, wenn die Mutter ihr Kind nicht stillt. Die Wirksamkeit dieser Empfehlungen ist jetzt erstmals in einer randomisierten Studie in Marokko untersucht worden.
Raschida Bouhouch von der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich hat mit Kollegen aus Marokko 241 Mutter-Kind-Paare aus einem dortigen Jodmangelgebiet auf zwei Gruppen randomisiert. In der einen Hälfte erhielt die Mutter eine Depotkapsel mit 400 mg Jod und das Baby ein Placebo. In der anderen Hälfte schluckten die Mütter die Placebokapsel und die Kinder wurden einmalig mit 100 mg Jod substituiert. Anschliessend bestimmten Bouhouch und ihre Kollegen über neun Monate hinweg die Jod-Konzentration in der Muttermilch, sowie im Urin der Mutter und des Kindes, um den Jod-Status der beiden zu bestimmen.
Die Ergebnisse waren in zweifacher Weise überraschend. Zum einen erwies sich die indirekte Versorgung über die Mutter als effektiver als die direkte Jodsubstitution des Säuglings. Bouhouch vermutet, dass die Mütter die Kinder über die Muttermilch bedarfsgerechter mit Jod versorgen können. Dies ist allerdings nur so lange der Fall, wie das Kind voll gestillt wird.
Nach etwa neun Monaten rutschten die Urinkonzentrationen beim Kind bereits unter eine kritische Schwelle. Zwar hatten die Kinder im Alter von 12 Monaten einen Entwicklungsvorsprung gegenüber den direkt substituierten Kindern. In beiden Gruppen benötigen die Kinder weiterhin ausreichend Jod, das dann nur über eine direkte Substitution gegeben werden kann.
Die zweite Überraschung war, dass die Joddepotkapsel bei den Müttern zu keinem Zeitpunkt den Jodmangel beheben konnte. Bouhouch schließt daraus, dass der Körper der Mutter darauf eingestellt ist, alle Jodreserven in die Versorgung des Kindes zu stecken ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit.
Die Forscherin vertritt deshalb die Ansicht, dass die Empfehlungen der WHO überarbeitet werden müssen. Eine einmalige Joddosis reiche nicht für ein ganzes Jahr, sondern nur für etwa sechs Monate. Besser wäre es, den Müttern nicht nur einmal im Jahr, sondern zweimal Jod zu geben, schreibt sie. Auch bei der direkten Jod-Gabe an den Säugling seien regelmäßige und niedrige Dosierungen zu bevorzugen. © rme/aerzteblatt.de

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