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Medizin

Pille für den Mann soll Spermientransport stoppen

Dienstag, 3. Dezember 2013

dpa

Melbourne – Die Kombination aus dem Alpha-Rezeptorenblocker Tamsulosin und einem noch zu entwickelnden Inhibitor des P2X1-Purinoceptors könnte ein effektives Kontra­zeptivum für den Mann sein, das ohne die Nachteile eines Hormoneinsatzes auskäme, wie australische Forscher in den Proceedings of the National Academy of Science (PNAS 2013, doi: 10.1073/pnas.1318624110) berichten.

Eine Antibabypille für die Frau gibt es seit mehr als einem halben Jahrhundert, eine effektive und sichere Pille für den Mann konnte jedoch bisher nicht entwickelt werden. Das Problem liegt darin, dass die Antibabypille für die Frau nur die monatliche Bereit­stellung einer einzigen Zelle verhindern muss. In den Hoden des Mannes werden dagegen in jeder Sekunde mehr als 1.000 Spermien gebildet, die danach in der Cauda epididymis zwischengelagert werden.

Ein Ejakulat enthält 40 Millionen befruchtungsfähige Spermien. Bislang gibt es keine Möglichkeit, die Spermatogenese reversibel, ohne störende Nebenwirkungen und ohne Schädigung des Erbguts ausreichend zu drosseln, um eine Befruchtung zuverlässig zu verhindern.

Das Team um Sabatino Ventura vom Monash Institute of Pharmaceutical Sciences in Melbourne hat deshalb einen anderen Weg eingeschlagen. Die Forscher versuchen, den Transport der Spermien über den Ductus deferens zu verhindern. Der Ductus deferens ist ein etwa 50 cm langer Schlauch mit einer Wand aus glatten Muskelzellen. Sie müssen sich während der Ejakulation kontrahieren, um das Ejakulat aus der Cauda epididymis in die Urethra zu befördern. Die Koordination erfolgt über das sympathische Nervensystem. Zwei Rezeptoren sind beteiligt, die beide blockiert werden müssen, um den Ductus deferens lahm zu legen.

Für einen der beiden Rezeptoren gibt es bereits einen zugelassenen Wirkstoff. Tamsulosin, das zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie eingesetzt wird, hemmt im Ductus deferens (und wohl auch in den Samenbläschen) die alpha1A-adrenergen Bindungsstellen von Noradrenalin. Die Behandlung mit 0,8 mg/die Tamsulosin (das Doppelte der empfohlenen Tagesdosis) hat in einer Studie das Ejakulatvolumen um fast 90 Prozent gesenkt und bei 35 Prozent kam es zur „trockenen“ Ejakulation (J Urol 2006; 176(4 Pt 1):1529).

Für eine sichere Kontrazeption reicht dies indes nicht aus. Ventura und Mitarbeiter haben deshalb in ihren Versuchen auch den P2X1-Purinoceptor ausgeschaltet, der einen Ionenkanal steuert. In den Experimenten, die an Mäusen durchgeführt wurden, geschah dies durch eine genetische Manipulation, bei der einfach die Gene aus dem Erbgut der Tiere entfernt wurden (Knockout-Maus). Tiere, denen sowohl der alpha1A-adrenerge als auch der P2X1-Purinoceptor fehlten, waren in den Experimenten der australischen Forscher unfruchtbar, weil sie nicht mehr ejakulierten.

Diese „Nebenwirkung“ eines Kontrazeptivums dürften viele Männer (und ihre Sexual­partner) akzeptieren. Auswirkungen auf die Libido und andere systemische Neben­wirkungen würden dagegen kaum toleriert. Zwar sind sowohl alpha1A-adrenerge Rezeptoren als auch der P2X1-Purinoceptor im Körper weit verbreitet, sie sind unter anderem an der Blutdruckregulation beteiligt. Die tierexperimentellen Ergebnisse stimmen Ventura jedoch positiv.

Die doppelten Knockout-Mäuse zeigten weder ein verändertes Sexualverhalten noch kam es zu erkennbaren Störungen im Herzkreislaufsystem. Die Investition in die Entwicklung eines P2X1-Purinoceptor-Blocker könnte sich deshalb für Arzneimittelfirmen lohnen, auch wenn der Weg danach bis zur „Marktreife“ sicher lang und nicht ohne Hindernisse sein dürfte. © rme/aerzteblatt.de

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