Medizin
Synthetisches Marihuana kann lebensbedrohlich sein
Donnerstag, 23. Januar 2014
Denver – Nach einem heftigen Ausbruch von Intoxikationen im US-Staat Denver warnen Mediziner im New England Journal of Medicine (2014; 370:389-390) vor neuen synthetischen Cannabinoiden, die möglicherweise bis zu 1.000-fach stärker an den Endocannabinoid-Rezeptoren binden als das traditionelle Marihuana.
Zwischen dem 24. August und dem 13. September behandelten Notfallmediziner in zwei Lehrkrankenhäusern in Denver und Aurora 76 Patienten, die mit Bewusstseinsveränderungen, körperlicher Unruhe und Krampfanfällen in die Notfallaufnahme eingeliefert worden waren. Nach einer anfänglichen Tachykardie kam es etwa drei Stunden später typischerweise zu einer Bradykardie.
Bei jedem zehnten Patienten fiel die Herzfrequenz auf unter 50 Schläge pro Minute, berichten Andrew Monte von der Universität in Aurora und Mitarbeiter. Insgesamt 7 Patienten wurden zur Intubation auf die Intensivstation aufgenommen. Später verzichteten die Mediziner auf die Intubation weiterer Patienten, da die Krampfanfälle selbstlimitierend waren und die Atemwege nicht ernsthaft gefährdeten.
Die Heftigkeit der Symptome überraschte die Mediziner, da Intoxikationen mit synthetischen Cannabinoiden in der Vergangenheit gutartig verlaufen waren. Doch die als „Black Mamba“ „K2“ oder „Spice“ verkaufte Droge enthielt ein bisher nicht bekanntes Cannabinoid. Chemiker im Polizeilabor von Denver identifizierten es schließlich als ADB-PINACA. Es könne derzeit von normalen Laboren weder im Blut noch im Urin nachgewiesen werden.
Nach der Erstellung einer Falldefinition wurden in Denver ingesamt 263 mögliche Expositionen nachgewiesen. Die Hersteller der Droge blieben unbekannt. Offenbar haben sie die Droge von selbst wieder aus dem Verkehr gezogen, da nach dem 19. September keine weiteren Intoxikationen beobachtet wurden. Drogenexperten rechnen jedoch damit, dass sie in der einen oder anderen Form (aber unter der gleichen Bezeichnung) wieder auftauchen könnten.
Synthetische Drogen stellen nicht nur die US-Behörden immer wieder vor Probleme. Eine in London ansässige Firma „Psyche Deli“ konnte ab 2006 ein ebenfalls als „Black Mamba“ „K2“ oder „Spice“ bezeichnetes Produkt legal vertreiben. Es tauchte auch in Deutschland auf und konnte erst im Januar 2009 verboten werden. Damals hatten Rechtsmediziner als Wirkstoff eine chemisch modifizierte Form des synthetischen Cannabinoids „CP-47,497“ nachgewiesen. © rme/aerzteblatt.de

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