Medizin
Weltkrebsbericht warnt vor drohendem Anstieg der Erkrankungszahlen
Montag, 3. Februar 2014
Lyon – Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erwartet für die nächsten Jahrzehnte – vor allem in den Entwicklungsländern – einen deutlichen Anstieg der Krebserkrankungen. Der Kampf gegen den Krebs könne heute nicht allein durch Therapien gewonnen werden, heißt es in dem World Cancer Report 2014 der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), einer WHO-Unterorganisation mit Sitz in Genf. Notwendig seien vermehrte Anstrengungen im Bereich der Prävention.
Im Jahr 2012 sind weltweit 14 Millionen Menschen an Krebs erkrankt, schätzt das Autorenteam, dem laut IARC 250 führende Wissenschaftler aus 40 Ländern angehören. Sie befürchten, dass die „Krebslast“ (burden of cancer) in den nächsten beiden Jahrzehnten auf 22 Millionen Neuerkrankungen pro Jahr ansteigen werde. Im gleichen Zeitraum werde die Zahl der globalen Krebstoten von 8,2 auf 13 Millionen steigen.
Lungenkarzinom häufigste Krebsart
Die weltweit häufigste Krebsart war 2012 Lungenkrebs mit 1,8 Millionen Erkrankungen (13,0 Prozent aller Krebserkrankungen), gefolgt von Brustkrebs (1,7 Millionen, 11,9 Prozent) und Darmkrebs (1,4 Millionen, 9,7 Prozent). Auf den Lungenkrebs entfallen auch die meisten Krebstodesfälle (1,6 Millionen, 19,4 Prozent), gefolgt von Krebserkrankungen der Leber (0,8 Millionen, 9,1 Prozent) und des Magens (0,7 Millionen, 8,8 Prozent).
Infolge des Bevölkerungswachstums und der höheren Lebenserwartung steigen vor allem in den Entwicklungsländern die Erkrankungszahlen. Schon heute entfallen laut dem Bericht mehr als 60 Prozent der weltweiten Krebserkrankungen auf Afrika, Asien sowie Zentral- und Südamerika. Der Anteil an den weltweiten Krebstodesfällen betrage sogar 70 Prozent – eine Folge der schlechteren Früherkennung und Behandlungsmöglichkeiten in diesen Ländern.
Der Zugang zu effektiven und kostengünstigen Therapien könnte hier die Sterblichkeit vor allem bei Krebserkrankungen im Kindesalter deutlich senken, meinen die Autoren. Mit verbesserten Therapien könne der Anstieg der Krebstodesfälle nicht aufgehalten werden, schreiben die Autoren. Auch in den reicheren Ländern würde die derzeitige Kostenlawine in der Krebstherapie die Volkswirtschaften überfordern. Der Report schätzt die jährlichen wirtschaftlichen Kosten von Krebserkrankungen schon jetzt (2010) auf 1,16 Trillionen US-Dollar.
Entwicklungsländer bei der Vorsorge benachteiligt
Die Lösung kann nach Ansicht der Experten nur in einer Verstärkung der Vorsorge bestehen, zumal die Hälfte aller Krebserkrankungen vermeidbar sei. Die Experten sehen die Entwicklungsländer hier gleich in zwei Bereichen benachteiligt. Zum einen gebe es hier mehr infektionsbedingte Krebserkrankungen (Zervix-, Leber- und Magenkarzinome), zum anderen steige die Inzidenz von Erkrankungen wie Lungen-, Brust- und Darmkrebs, die Folge eines industrialisierten Lebensstils sind, der sich in den Entwicklungsländern zunehmend breit macht.
Mit der Einführung von effektiven Impfstoffen gegen Hepatitis B-Viren und humane Papillomaviren können aber viele Menschen vor Leberkrebs und Zervixkarzinom geschützt werden. Ebenso wichtig wären Maßnahmen gegen die Ausbreitung des Tabakrauchens in Ländern mit mittlerem und niedrigem Einkommen. In den Schwellenländern müsste die körperliche Aktivität der Bevölkerung gesteigert werden, um einen Anstieg von Darm- und Brustkrebs zu verhindern.
In der Krebsvorsorge sollten nach Ansicht der Experten „low-tech“-Ansätze gefördert werden. Als Beispiel nennen sie ein Screening auf das Zervixkarzinom mit Essigsäure, die mit einer Kryotherapie präkanzeröser Läsion in einem Schritt “screen and treat” kombiniert werden könne. In Indien und Costa Rica sei dies bereits mit Erfolg geschehen.
Vorsorgeausgaben sind Investionen in die Zukunft
Der Bericht fordert von den Regierungen mehr politische Verantwortung, diese effektiven Vorsorgeprogramme auch einzuführen. Sie sollten die Ausgaben dafür eher als Investition in die Zukunft denn als reinen Kostenfaktor sehen, meint Mitautor Bernard Stewart von der Universität Sydney. Die Erfahrungen aus den reicheren Ländern hätten gezeigt, dass Vorsorgeprogramme effektiv sind.
Vorsorge und Appelle an die Bevölkerung allein könnten die Zunahme von Krebserkrankungen aber nicht aufhalten. Notwendig seien auch gesetzliche Maßnahmen, beispielsweise zur Eindämmung des Tabakrauchens, aber auch von Alkohol, zuckerhaltigen Getränken sowie von krebserregenden Schadstoffen am Arbeitsplatz oder in der Umwelt. © rme/aerzteblatt.de

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