Medizin
Selen kann Prostatakrebsrisiko erhöhen
Montag, 24. Februar 2014
Seattle – Nicht nur hochdosiertes Vitamin E aus Nahrungsergänzungsmitteln erhöht bei Männern das Prostatakrebsrisiko. Eine neue Auswertung der SELECT-Studie im
Journal of the National Cancer Institute (JNCI 2014; doi: 10.1093/jnci/djt456) zeigt, dass auch die Einnahme von Selen schädlich ist, wenn kein Mangel vorliegt.
Mit mehr als 35.000 Teilnehmern gehörte der „Selenium and Vitamin E Cancer Prevention Trial“ zu den ambitionierten Präventionsstudien des US-National Cancer Institute. Die Studie wurde 2008 vorzeitig abgebrochen, als eine Zwischenauswertung ergab, dass die Einnahme von Vitamin E und Selen oder die Kombination der beiden Antioxidanzien das Krebsrisiko von Männern nicht senkt.
Im Jahr 2011 kam dann heraus, dass die Männer, die Vitamin E eingenommen hatten, zu 17 Prozent häufiger an Prostatakrebs erkrankten als die Teilnehmer des Placebo-Arms. Für Selen wurde nur ein tendenzieller Anstieg des Krebsrisikos gefunden.
Alan Kristal vom Fred Hutchinson Cancer Research Center in Seattle hat die Daten jetzt erneut ausgewertet. Er berücksichtigte dabei die Selenkonzentration in Fußnagelproben, die zu Beginn der Studie entnommen worden waren. Sein Ergebnis: Im allgemeinen hatte der Selenspiegel keinen Einfluss auf das Krebsrisiko.
Doch Männer, die trotz ausreichender Selen-Versorgung (gemessen an der Analyse der Fußnagelproben) Selen in hoher Dosis einnahmen, erkrankten zu 91 Prozent häufiger an einem aggressiven high-grade Prostatakarzinom (Gleason 7–10), also einem Tumor, der frühzeitig die Organgrenzen überschreitet und durch Metastasen zum Tod führen kann. Kristal schließt daraus, dass Selen für Männer, die ausreichend mit dem Mineral versorgt sind, eine toxische Wirkung entfalten kann.
Eine weitere Analyse bestätigte, dass Vitamin E das Risiko auf Prostatakrebs erhöht. Diese schädliche Wirkung trat der neuen Auswertung zufolge jedoch nur bei Männern auf, die niedrige Selenwerte hatten. Sie erkrankten zu 63 Prozent häufiger an einem Prostatakrebsrisiko als die Teilnehmer, die Placebos eingenommen hatten. Das Risiko auf einen High-Grade-Tumor war sogar um 111 Prozent erhöht. Bei Probanden mit hohen Selenwerten zu Beginn der Studie erhöhte Vitamin E das Krebsrisiko nicht.
Kristal vermutet, dass Selen eine gewisse protektive Wirkung gegen die schädliche Wirkung von Vitamin E hat. Dies würde auch ein paradoxes Ergebnis der Auswertung von 2008 erklären. Das erhöhte Krebsrisiko war damals nur bei Probanden aufgetreten, die Vitamin E ohne Selen eingenommen hatten. Im Studienarm mit kombinierter Vitamin E plus Selen-Einnahme waren keine zusätzlichen Tumore aufgetreten.
Die Ergebnisse der Studie unterstreichen laut Kristal ein weiteres Mal, dass hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel problematisch für die Gesundheit sind. Die Wirkung sei nicht vorhersehbar, komplex und häufig schädlich, warnt der Krebsforscher. Menschen ohne einen Mangel an Vitaminen oder Spurenelementen sollten besser darauf verzichten. © rme/aerzteblatt.de

Selen ist nicht gleich Selen

Nachrichten zum Thema


Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.