Medizin
MERS eine Kinderkrankheit von Dromedaren
Dienstag, 25. Februar 2014
Riad/New York – Das MERS-Coronavirus, der Erreger des auf der arabischen Halbinsel endemischen Middle East Respiratory Syndrome (MERS), hat sein Reservoir offenbar in Dromedaren. Nach einer Studie in mbio (2014; 5: e00884-14) infizieren sich die Kamele in jungem Alter. Der Antikörpernachweis in archivierten Proben reicht bis ins Jahr 1992 zurück.
MERS ist zwar aus den Schlagzeilen verschwunden, im Osten der arabischen Halbinsel treten jedoch immer wieder vereinzelte Erkrankungen auf. Zuletzt traf es einen 66-jährigen Kamelbesitzer aus Abu Dhabi, der nach einer Meldung der Weltgesundheitsorganisation Anfang Februar auf der Intensivstation einer Klinik mit dem Leben rang. Es war die 182. labormedizinisch bestätigte Erkrankung beim Menschen, von denen bisher 79 tödlich endeten. Der Erreger ist ein Verwandter des SARS-Virus, das 2003 plötzlich in Hongkong auftrat und binnen Wochen mehr als 700 Todesfälle auf mehreren Kontinenten verursachte.
Diese Dynamik hat das MERS-Coronavirus bisher nicht erreicht. Es hat zwar Übertragungen von Mensch zu Mensch gegeben, doch die Kontagiosität war zu gering, um eine Epidemie auszulösen. Die sporadischen Erkrankungen wurden bereits im letzten Jahr auf eine Übertragung durch Dromedare zurückgeführt. Eine systematische Untersuchung scheiterte jedoch daran, dass die US-Behörden den Import von Abstrichen und Blutproben aus Angst vor einer Einschleppung der Maul-und-Klauenseuche strikt untersagen.
Der Virologe Ian Lipkin von der Columbia Universität in New York musste deshalb seine Laborausrüstung nach Saudi-Arabien transportieren lassen und die Untersuchungen vor Ort mit Mitarbeitern der King Saud Universität in Riad durchführen. In mehreren Regionen des Landes wurden Abstriche der Atemwege, des Rektums, sowie Blut und Serumproben von 209 Dromedaren, 112 Schafen und 36 Ziegen untersucht.
Alle Schafe und Ziegen waren negativ. Doch bei den Dromedaren war das MERS-Coronavirus weit verbreitet. Drei Viertel aller Tiere hatten Antikörper im Blut. Die Seropositivität nahm mit dem Alter zu. Das Virus selber wurde dagegen häufiger bei Jungtieren als bei älteren Dromedaren gefunden. Die Infektion betraf vor allem die Atemwege, während im Rektalabstrich nur selten Virus-RNA nachzuweisen war.
Lipkin und sein arabischer Kollege Abdulaziz Alagaili gehen deshalb davon aus, dass MERS bei Dromedaren eine Atemwegserkrankung ist und die Übertragung aerogen erfolgt. Die starke Verbreitung spricht dafür, dass die Kamele tatsächlich das Hauptreservoir des Virus sind (auch wenn nicht auszuschließen ist, dass weitere Tierarten wie Fledermäuse das Virus verbreiten). Der enge Kontakt vieler bisher erkrankter Menschen mit Kamelen macht eine direkte Ansteckung wahrscheinlich (auch wenn dies durch weitere Fall-Kontroll-Studien noch belegt werden müsste).
Die Forscher konnten archivierte Serumproben von Dromedaren untersuchen, die bis in das Jahr 1992 zurückreichen. Bereits die älteste Probe war seropositiv. Dies wirft die Frage auf, warum MERS-Erkrankungen beim Menschen erst seit 2012 auftraten. Aufgrund des schweren Verlaufs erscheint es kaum wahrscheinlich (aber nicht ausgeschlossen), dass frühere Erkrankungen übersehen wurden oder unter einem anderen Etikett behandelt wurden.
Es bleibt deshalb möglich, dass das Virus in den letzten Jahren seine genetische Gestalt verändert hat. Untersuchen konnte Lipkins dies nicht, da in den älteren Serumproben nur Antikörper, aber keine Viren vorhanden sind. © rme/aerzteblatt.de

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