Ärzteschaft
Medienskandale: Ärzte sollen ihre Kommunikation mit Journalisten verbessern
Dienstag, 1. April 2014
Berlin – Vom Contergan- bis zum Organspendeskandal: Welche Rolle die Medien bei der Skandalisierung des Arztes in der Öffentlichkeit spielen, wurde heute auf dem 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie beleuchtet. „Wir Journalisten wollen redlich bleiben, aber wir wollen auch unangenehme Fragen stellen“, sagte Joachim Müller-Jung von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wir sehen uns in der Rolle des Wächters, das bedeutet: Zwischen Journalisten und Medizinern kann es keine Kumpanei geben. Die Interessen beider Seite dürfen nie in dieselbe Richtung gehen.“
Karl-Walter Jauch, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität München, forderte, dass Ärzte ihr Kommunikationsverhalten verbessern müssten: „Wir können vielleicht mit Patienten und Mitarbeitern gut kommunizieren. Aber bei der Kommunikation mit den Medien sind wir noch in der Steinzeit.“
Einen Fehler zum Skandal macht Jauch zufolge häufig die falsche Reaktion oder die falsche Kommunikation. Bei Fehlervorwürfen sei es gut, wenn Ärzte eine Sensibilität dafür entwickelten, wann ihnen das Geschehen aus den Händen zu gleiten drohe. „Wichtig ist es dann, einen Kommunikationsberater zu haben“, sagte Jauch. Denn ab einem bestimmten Punkt gehe es nicht mehr darum, Recht zu bekommen, sondern Sekundärschäden zu vermeiden.
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Wenn Komplikationen aufträten, wendeten sich Ärzte häufig von den Patienten ab und gingen auf Distanz, statt die Kommunikation zu stärken, so Jauch. Auch „trauen wir uns nicht, zum Beispiel aus falsch verstandener Kollegialität, ein beobachtetes Fehlverhalten offenzulegen“. Es sei aber besser, dann genauer hinzuschauen und „unseren Berufsstand vor schwarzen Schafen zu schützen“.
Jauch wies aber auch darauf hin, dass Betrügereien von Behandlungsfehlern unterschieden werden müssten und Behandlungsfehler von Komplikationen. Hier müsse auch die Ärzteschaft noch mehr daran arbeiten, dass diese Fälle in der öffentlichen Darstellung auseinandergehalten würden.
„In der Regel funktioniert der Journalismus redlich“, meinte PR-Berater Klaus Kocks. Der Respekt vor der freien Presse schließe jedoch nicht aus, vor einer Medienkampagne zu warnen. Kocks nannte den Fall Wulff. Dieser habe vor Gericht einen Freispruch erzielt, zuvor habe er jedoch die öffentliche Hinrichtung seiner Reputation erleben müssen. Wenn ein Medienskandal eingetreten sei, müsse man verschiedene Maßnahmen beachten: Den eigentlichen Vorwurf in Ordnung bringen, nicht lügen oder niemals Vorwürfe falsifizieren – sondern deren Gegenteil verifizieren. „ Wehrlosigkeit ist in jedem Fall der schlechteste Zustand angesichts dessen, was Medienskandale Menschen und Institutionen antun können“, sagte Kocks.
Müller-Jung wies darauf hin, dass für Journalisten der Kampf um die Aufmerksamkeit angesichts der neuen Medien intensiver geworden sei. Dabei würden die „bad news“ stärker wahrgenommen. „Die eigentliche Geschichte steckt auch darin, wo es Fehlverhalten gibt. Es ist aber nicht so, dass wir die ‚good news‘ zugunsten von der ‚bad news‘ zurückstellen“, so Müller-Jung.
„Wer im Umgang mit Journalisten etwas erreichen will, muss auch bereit sein, Auskunft zu geben“, riet er. Wenn er nicht liefere, sei er möglicherweise bald geliefert. Eine restriktive Haltung gegenüber Medien führe in jedem Fall nicht zum Erfolg. © fos/aerzteblatt.de
