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Ärzteschaft

„Viele können noch gar nicht fertig sein“

Donnerstag, 11. September 2014

Berlin – Heute noch Anästhesist, Chirurg oder Arbeitsmediziner, morgen dann Hausarzt – einen solchen Quereinstieg in die Allgemeinmedizin erwägen derzeit scheinbar nur wenige. Dabei hatten die Delegierten des Deutschen Ärztetags im Jahr 2011 gehofft, mit ihrem Votum zur Behebung des aktuellen Hausärztemangels beizutragen. Max Kaplan, Vizepräsident der Bundesärztekammer und selbst Hausarzt, plädiert für mehr Geduld: Einen Hausarzt „light“ hätten die Delegierten damals nicht gewollt. Deshalb müssten die Quereinsteiger alle Inhalte der Weiterbildungsordnung zum Facharzt für Allgemein­medizin nachweisen oder erwerben, wenn auch ohne vorgegebene Zeitabschnitte.  Viele könnten aus Zeitgründen noch gar nicht die Facharztprüfung abgelegt haben.

5 Fragen an Max Kaplan, Vizepräsident der Bundesärztekammer

DÄ: Herr Dr. Kaplan, der Deutsche Ärztetag hat 2011 entschieden, dass Fachärztinnen und -ärzten der Quereinstieg in die Allgemeinmedizin erleichtert werden soll. Ende 2013 hatten aber lediglich 56 Quereinsteiger ihre Facharztprüfung abgelegt. Enttäuscht Sie das?
Kaplan: Auf den ersten Blick könnte man den Eindruck haben, das Interesse am Quereinstieg sei nicht groß.  Aber man muss bedenken, dass die Landesärzte­kammern den Beschluss des Ärztetags auf Basis von Empfehlungen der Bundesärztekammer ja erst 2012 umgesetzt haben.

Damals bekundeten in Umfragen rund 260 Kolleginnen und Kollegen ihr Interesse am Umstieg auf das Fach Allgemeinmedizin. Wer sich aber dazu entschließt und die Prüfung ablegen will, muss sich unter anderem mindestens 18 bis 24 Monate lang in der ambu­lanten hausärztlichen Versorgung weiterbilden. Manchmal sind es sogar 42 Monate, wenn einem nur wenige Inhalte der bisherigen Weiterbildung angerechnet werden können. Das heißt: Viele Quereinsteiger können noch gar nicht fertig sein. Deshalb kann man sich noch kein abschließendes Urteil über die Resonanz erlauben.

DÄ: Bis Anfang 2015 sollte das Angebot zum Quereinstieg aber schon evaluiert werden.
Kaplan: Das stimmt. Aber wegen der beschriebenen Zusammenhänge plädiere ich dafür, dass der Vorstand der Bundesärztekammer diesen Termin auf das Jahr 2017 verschiebt. Dann hätte man einen besseren Überblick.

DÄ: Ist hinreichend bekannt, dass es die Möglichkeit zum Quereinstieg in die Allgemeinmedizin gibt?
Kaplan: Man sollte vielleicht noch häufiger darüber berichten und auf die vorhandenen Möglichkeiten hinweisen. Derzeit interessieren sich dafür vor allem Anästhesisten und Chirurgen. Für alle Kollegen, die schon etliches an Berufserfahrung haben und die noch einmal eine neue Herausforderung suchen, könnte der Quereinstieg eine echte Alterna­tive sein. Wenn man aus einem stark spezialisierten Fachgebiet kommt, kann man durch die zusätzlichen Weiterbildungsinhalte seinen beruflichen Horizont  noch einmal erweitern. 

Quereinstieg in die Allgemeinmedizin: „In medizinischer Hinsicht fühle ich mich noch bereichert“

Karin Erasmi war mit Leidenschaft Anästhesistin. Doch es gab Gründe, etwas Neues zu machen. Nun hat sie die Klinik gegen eine eigene Praxis getauscht – in Kooperation mit ihrem Mann. Glückliche Gründerin“ – so hat ein Journalist Dr. med. Karin Erasmi (47) einmal genannt.

DÄ: Schreckt das geringe Einkommen während der Weiterbildungszeit Ärzte ab?
Kaplan: Das spielt natürlich auch eine Rolle. Wir haben deshalb in der Lenkungsgruppe, die für das Förderprogramm Allgemeinmedizin zuständig ist, gefordert, dass die Förder­mittel auch beim Quereinstieg fließen. Denn die Finanzierung der Stelle während der Weiterbildung in einer hausärztlichen Praxis muss gesichert sein. Diese Mittel in Höhe von 3.500 Euro monatlich müssen aber vor Ort noch aufgebessert werden durch die weiterbildenden Kollegen. Sonst ist der Einkommensunterschied zur vorherigen Position zu groß und der Quereinstieg nicht attraktiv.

DÄ: Hausärztinnen und Hausärzte werden in den nächsten Jahren dringend gebraucht. Müsste man deshalb Quereinsteiger in die Allgemeinmedizin nicht viel besser bezahlen, um sie zum Fachgebietswechsel zu motivieren?
Kaplan: Wir hoffen ja, dass die Fördermittel für die Allgemeinmedizin um 50 Prozent aufgestockt werden, so wie es im Koalitionsvertrag steht. Davon könnten auch Quereinsteiger profitieren. © Rie/aerzteblatt.de

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