Vermischtes
Fachgesellschaft warnt vor der Pathologisierung von Lebenskrisen
Montag, 6. Oktober 2014
Berlin – Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) hat dafür plädiert, nicht jede persönliche Lebenskrise oder soziales Leid zur psychischen Krankheit zu erklären, sondern Krankheitsdiagnosen auf medizinisch relevantes Leiden zu beschränken. „Das ist dann der Fall, wenn psychische Funktionen und die soziale Teilhabe wesentlich beeinträchtigt sind und die betroffene Person darunter leidet. In diesem Sinn ist nicht jede Lebenskrise eine Erkrankung – auch wenn sie sich zum Beispiel psychotherapeutisch gut behandeln ließe“, sagte DGPPN-Vorstandsmitglied Andreas Heinz auf dem sogenannten Hauptstadtsymposium der Fachgesellschft.
„Wir müssen bei der Diskussion des Krankheitsbegriffs in Psychiatrie und Psychotherapie vermeiden, dass harmlosere Befindlichkeitsstörungen und gesellschaftliche Probleme sowie normale Alterungsprozesse pathologisiert werden“, betonte er. Gleichzeitig sei zu gewährleisten, dass diejenigen, die eine adäquate medizinische Hilfe am meisten benötigen, diese auch erhalten, so Heinz weiter.
Die Stellung einer medizinischen Diagnose ist laut der DGPPN unter anderem deshalb kritisch, weil sich daraus ein Anspruch auf therapeutische Leistungen zulasten der Solidargemeinschaft ergibt. „Krankheitsdiagnosen kennzeichnen den medizinischen Versorgungsbedarf und rechtfertigen die Inanspruchnahme und Erstattung medizinischer Leistungen wie Psychotherapie, psychosoziale Interventionen und der Einsatz von Medikamenten im Rahmen der Krankenkassenleistungen. Deshalb plädieren wir als wissenschaftliche Fachgesellschaft dafür, alltägliche Befindlichkeitsstörungen nicht vorschnell zu behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankungen zu erklären“, betonte auch der DGPPN-Präsident Wolfgang Maier.
Eine Diskussion darum, wann eine Lebenskrise als Krankheit zu werten ist, hatte zuletzt die Veröffentlichung der neuen „DSM-5“ ausgelöst. Diese von der American Psychiatric Association vorgelegte fünfte Auflage des „Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders“ hatte die Grenzen für den Krankheitsbegriff herabgesetzt.
Eine breite gesellschaftliche Diskussion zu den Ursachen von psychischen Problemen und Erkrankungen forderte die Vorsitzende des Berufsverbandes Deutscher Psychiater (BVDP), Christa Roth-Sackenheim, gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. „Insbesondere sollten wir über mögliche präventive Strategien nachdenken“, so die Berufsverbands-Vorsitzende. © hil/aerzteblatt.de

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