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Medizin

Ebola: Wie hoch ist das Ansteckungsrisiko?

Dienstag, 7. Oktober 2014

dpa

Oxford – Die erste Übertragung des Ebola-Virus in Europa könnte Ängste in der Bevölkerung wecken. Doch die Experten sind überzeugt, dass eine Epidemie wie in Westafrika in Europa nicht möglich ist. Die wissenschaftliche Datenlage zum Übertragungsrisiko ist jedoch gering.

Wie die spanischen Medien berichten, hat sich eine 40-jährige Pflegehelferin des Hospital Carlos III in Madrid mit Ebola infiziert. Sie gehörte zu einem Team von 30 Personen, die den Missionar Manuel García Viejo betreuten, der drei Tage vor seinem Tod am 25. September nach Spanien transportiert und in der Klinik behandelt wurde. Die Pflegehelferin soll den Kranken nur zweimal besucht haben – und dabei Schutzkleidung getragen haben. Wie sie sich infiziert hat, ist derzeit Gegenstand einer Untersuchung.

Die Rekonstruktion der Infektion kann schwierig sein. Die Krankenpflegerin Nancy Writebol, die sich in einer Klinik in Liberia infiziert hat, kann sich an kein Ereignis erinnern, bei dem sie sich angesteckt haben könnte. Auch die Ärzte Kent Brantly und Senga Omeonga sagten gegenüber Science, dass sie im Kontakt mit Ebola-Kranken stets Schutzkleidung getragen hätten.

Wobei das „light PPE“ (personal protective equipment), das Omeonga erwähnte, sicher­lich nicht den hiesigen Anforderungen für eine Schutzkleidung entspricht. OP-Kittel, Handschuhe und Gesichtsmaske gelten nicht als ausreichender Schutz. Die Richtlinie 89/686/EWG fordert für den Einsatz gegen tödliche Gefahren Handschuhe und Über­handschuhe, Schutzbrille, FFP3-Maske, Schutzanzug mit Kapuze und Überschuhe, wobei Handschuhe, Brille und Maske mit Klebeband fixiert werden sollen. Brantly vermutet, dass er sich auf der Notfallaufnahme außerhalb der Ebola-Station angesteckt hat. Dort hatte er auch Kontakt zu Patienten, die ihre Ebola-Infektion aus (berechtigter) Angst vor einer Zurückweisung verschwiegen hatten.

Diese Rahmenbedingungen treffen auf Europa ganz sicher nicht zu. Stephan Günther vom Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg weist auf der Internetseite seines Instituts darauf hin, dass zweimal Epidemien mit dem Marburg-Virus, dem „Schwestervirus von Ebola“ verhindert werden konnten.

Das Marburg-Virus trat erstmalig 1967 in Deutschland auf. Labormitarbeiter in Marburg hatten sich an erkrankten Affen infiziert, die aus Afrika importiert worden waren. Damals habe es einige wenige Übertragungen auf Familienangehörige gegeben, schreibt Günther. Doch obwohl die Krankheit damals noch völlig unbekannt war, konnte die Übertragungskette in kürzester Zeit unterbrochen werden.

Auch eine Touristin aus den Niederlanden, die sich vor fünf Jahren in einer Höhle in Uganda mit dem Marburg-Virus infizierte und nach ihrer Rückkehr nach Europa erkrankt war, habe das Virus weder auf Familienangehörige noch auf medizinisches Personal übertragen, obwohl die Diagnose erst eine Woche nach Krankheitsbeginn gestellt worden sei. Die Frau hatte laut Günther zu Krankheitsbeginn übliche soziale Kontakte und war im Krankenhaus zunächst ohne besondere Vorsichtsmaßnahmen versorgt worden. Der Ebola-Experte weist darauf hin, dass die Verbreitung von Ebola auf „sehr spezifische kulturelle und soziale Bedingungen“ in Afrika zurückzuführen sei.

Die Centers for Disease Control and Prevention zählen 34 Ausbrüche, seit das Virus 1976 zum ersten Mal in der Nähe des Ebola-Flusses in Zaire, der heutigen Demokratischen Republik Kongo, entdeckt wurde. Dennoch gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien zur Infektiosität von Körperflüssigkeiten (was mit dem Risiko der Probenasservierung zusammenhängen mag).

Science zitiert eine Studie, die vor sieben Jahren im Journal of Infectious Diseases (2007; 196: S142-7) publiziert wurde. Damals hatten Forscher der Tulane School of Public Health and Tropical Medicine in New Orleans 54 klinische Isolate von 26 Patienten untersucht, die im Jahr 2000 während einer Epidemie in Gulu/Uganda erkrankt waren.

Die Virusgene wurden mittels Polymerasekettenreaktion damals in acht von zwölf Speichelproben, zwei von vier Stuhlproben und in einem von acht Hautabstrichen (Haut oder Stirn) nachgewiesen. Jeweils ein untersuchtes Isolat aus Tränenflüssigkeit und Nasenblutung war positiv, ebenso eine Muttermilchprobe. Virusgene wurden auch in 14 von 38 Spermaproben von akut Erkrankten gefunden. In 2 von 16 Fällen waren die Gene auch noch nach der Genesung im Ejakulat nachweisbar.

Die Forscher konnten damals die Virusgene auch auf blutverschmierten Handschuhen der Ärzte und an einem intravenösen Zugang nachweisen. Aufgrund der geringen Anzahl der untersuchten Proben ist die Aussagekraft der Studie gering. Laut Science ist sie aber die bisher detaillierteste Studie zum Nachweis von Viren in Körperflüssigkeit und Umgebung. Eine weitere Untersuchung im Journal of Infectious Diseases (1999; 179 Suppl 1: S36-47) wies Virusantigene in der Haut in der Nähe der Schweißdrüsen nach, was den Schluss nahelegt, dass das Virus durch Berührung der Haut übertragen werden könnte, beispielsweise beim Waschen des Leichnams. © rme/aerzteblatt.de

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Kommentare

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Avatar #690938
Bernett
am Donnerstag, 9. Oktober 2014, 22:14

Vorbeugende Massnahmen gegen Ebola in Ebola- Gebieten


Mein Beitrag bezog sich natürlich auf Afrika und keineswegs auf Europa!
Avatar #106067
dr.med.thomas.g.schaetzler
am Mittwoch, 8. Oktober 2014, 20:05

@ Bernett: Auch bei nunmehr Acht-maliger Wiederholung...

von infektions-epidemiologischem Unsinn bei einer Vektor-freien, nur durch direkten Kontakt von Mensch zu Mensch übertragbaren Viruserkrankung liegt Ihre Empfehlung völlig neben der Spur wegen der "Stechrüssel von Insekten"... "Deshalb sollten unbedingt Fliegengitter und Moskitonetze entsprechend verwendet werden!" hilft ebenso wie Ihre anderen Beiträge nicht wirklich weiter. AIDS wird auch nicht durch die "Biene Maja" übertragen.

Dann doch besser von Frances Hodgson Burnett (*1849 - †1924) "Der geheime Garten" (The Secret Garden) lesen.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund
Avatar #66429
smartinus
am Mittwoch, 8. Oktober 2014, 14:35

Bitte Evidenz und Wahrscheinlichkeiten berücksichtigen

Es gibt überhaupt keine Evidenz dafür, in Deutschland Moskitonetze oder Fliegengitter zu verwenden zum Schutz vor Ebola. Das ist wirklich nur noch als Panikmache aufzufassen.
Wie wahrscheinlich ist es denn, in Deutschland an Ebola zu versterben und wie wahrscheinlich ist es, an Grippe, wegen eines Unfalls, durch Übergewicht, Alkohol- oder Nikotinabusus zu versterben? Und wie kann man diese möglichen Todesursachen reduzieren? Dann ergeben sich prioritäre sinnvolle Maßnahmen eigentlich von alleine. Ein Moskitonetz gehört sicher nicht dazu.
Avatar #110206
kairoprax
am Mittwoch, 8. Oktober 2014, 13:36

was sind reale Gefahren und was ist Hysterie?


Real ist, daß die bislang wenigen Personen, die in Europa und Amerika erkrankt sind, fast ausschließlich dem Kreis der Betreuer entstammen, Ärzte, Schwestern, Seelsorger. Und real ist, daß diese Personen unter strengen Quarantäne-Maßnahmen nach Europa und Amerika gekommen sind. Bislang gibt es hoffentlich noch keine unkontrolliert eingeschleppten Fälle. Was aber, wenn genau das passiert? Es bleibt dabei, und die Frage nach den Stechmücken belegt das, wir wissen noch kaum etwas von den Übertragungswegen. Es ist keineswegs Hysterie, sich auf den Fall einer größeren Zahl von Inkizierten eizustellen und auf den Fall einer unkontrollierten Ausbreitung vorzubereiten.
Es tut mir leid, aber pseudo-erfahrene Aussagen sind fehl am Platz, wenn keine Erfahrungen vorliegen.

Dr.Karlheinz Bayer
Avatar #690938
Bernett
am Mittwoch, 8. Oktober 2014, 13:10

Stechmücken als mögliche Überträger von Ebola

Der Stechrüssel von Insekten kann bei hochfiebernden Ebola- Kranken als Virus-Überträger fungieren, weil die Viren am und im Stechrüssel dann zahlreich genug sind, um bei Gesunden beim Stechen eine Ebola- Infektion zu bewirken.
Deshalb sollten unbedingt Fliegengitter und Moskitonetze entsprechend verwendet werden!
Avatar #66429
smartinus
am Mittwoch, 8. Oktober 2014, 10:58

Reale Gefahren beachten.

Die Lage in Westafrika ist sicherlich sehr bedrohlich und besorgniserregend. Ich verstehe allerdings nicht, warum nun eine solche Hysterie zu Ebola in Deutschland entsteht, selbst offenbar unter Ärzten.
Zunächst einmal ist es natürlich Unsinn, die Verdopplungszeit von 1 Woche einfach aus Afrika auf Deutschland zu übertragen. Hier herrschen komplett andere Bedingungen. Der Ebola-Patient in Hamburg war 5 Wochen dort. Nach der unten angeführten Rechnung hätten wir also bereits 32 Ebola-Fälle in Hamburg haben müssen, tatsächlich ist aber keine einzige Übertragung bekannt geworden. Es ist reine Panikmache, eine solche Epidemie von Ebola in Deutschland als wahrscheinlich anzusehen und entbehrt jeder wissenschaftlichen und empirischen Grundlage. Selbstverständlich müssen wir hinreichende Kapazitäten für Ebola-Fälle vorhalten - dies scheint absolut der Fall zu sein.
Durch die hysterische Darstellung der Ebola-Entwicklung in Deutschland werden den Menschen hier falsche Gefahren vermittelt. Seien wir uns doch bewusst und vermitteln das auch: Es ist wesentlich wahrscheinlicher, an einer Grippe o.ä. zu versterben, an einem Unfall und erst recht an Übergewicht, Alkohol oder Nikotinabusus. In der Summe sind das mehr als 200.000 Todesfälle pro Jahr. Und das sind größtenteils keine Todesursachen, bei denen man keine Präventionsmaßnahmen machen könnte - im Gegenteil!
Avatar #110206
kairoprax
am Mittwoch, 8. Oktober 2014, 07:35

Beschwichtigung?


Die Datenlage zur Übertragung sei gering.
Okay. Das mag so sein, aber es beruhigt nicht.
Die Datenlage zu den Behandlungsmöglichkeiten sind dagegen garnicht gering.
Wir haben in Deutschland ganze 8 (in Worten acht) Hochsicherheitsintensivstationen. Jede von denen verfügt iom Schnitt über sechs Betten. Das macht 48 Behandlungsplätze - zwei davon sind bzw. waren bereits belegt. Die Verdopplungszeit der erkrankungsfälle liegt in Afrika derzeit bei etwa einer Woche. Zwei, vier, acht, sechzehn, zweiunddreißig - bereits in einem Monat könnten wir mehr Fälle behandeln müssen als 48.
Und dann?
Eine gute Katastrophenmedizin zeichnet sich darin aus, vorauszuplanen. Wir haben für den derzeit nicht einmal schlimmsten Fall, sondern für den anzunehmenden Fall etwa einen Monat Zeit, uns Gedanken zu machen, was dann passieren soll.
Es wird nicht abgehen ohne daß man sich Gedanken macht über Isolierkrankenhäuser, keine Isolierstationen, über deren Sicherstellung der Quarantäne (denn Quarantäne ist das Einzige, was wir tatsächlich machen können bei einer Virusinfektion).
Stattdessen werben wir Menschen an und bilden sie aus, um nach Afrika zu gehen, ins Krisengebiet. So, als könnten diese Ärztinnen und Pfleger tatsächlich etwas medizinisch Sinnvolles tun.
Siehe weiter oben: "Deutsche Ebola-Helfer erst in Wochen in Afrika".
Genau das, was ich hier zum Ausdruck geben möchte.
a) Helfen im strikten Sinn gibt es nicht.
b) es verstreicht Zeit und Zeit.
c) wir binden Personal an Stellen, an denen sie wenig ausrichten werden.
d) alles das nur in der Hoffnung, das Virfus möge bleiben, wo es ist.
Es ist ein kategorisches Umgdenken nötig.
Die breitbeinige Vorstellung, unsere Virologen wären der Lage gewachsen ist überheblich und unangebracht.

Dr. Karlheinz Bayer, Bad Peterstal
Avatar #539999
klausenwächter
am Dienstag, 7. Oktober 2014, 23:01

Übertragungsrisiko von Ebola 1:30

Mit 1:30 muß das Übertragungsrisiko für Ebola als eines der höchsten Risiken bei der Behandlung von Seuchenopfern verstanden werden. Das "Anlernen" von Fachkräften, die keine Routine mit Arbeiten in höheren Sicherheitsstufen der Virologie haben, ist für die Versorgung von Seuchenopfern unzureichend. Die Kontamination mit Strahlung kann gegenüber biologischen Kontaminationen leichter erfaßt und in ihren Schäden begrenzt werden.
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