Ärzteschaft
Antibiotikaverordnungen rückläufig – aber regionale Unterschiede
Dienstag, 7. Oktober 2014
Berlin – Niedergelassene Ärzte in Deutschland verordnen Antibiotika zunehmend zurückhaltender. Die Verordnungszahlen sinken jedoch regional unterschiedlich, und es gibt altersabhängige Unterschiede. Das berichten Wissenschaftler des Versorgungsatlas in einer neuen Studie. Sie analysierten dazu den Antibiotikaverbrauch auf der Basis der verordneten Packungen und definierten Tagesdosen sowie auf dem Anteil der Patienten mit mindestens einer Antibiotika-Verordnung. Die Untersuchung bezieht sich auf den Zeitraum von 2008 bis 2012.
Der positive Trend deutet laut den Forschern darauf hin, dass verschiedene Aktivitäten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) Wirkung zeigen. Die KBV arbeitet bei der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) der Bundesregierung mit und unterstützt die Ärzte bei der sachgerechten Verordnung von Antibiotika beispielsweise mit Informationsmaterialien, Fortbildungen, einer MRSA-Vergütungsvereinbarung und dem Qualitätsmanagement-System QEP®.
Kinderärzte verordnen vorbildlich
Als vorbildlich können laut der Untersuchung die Kinderärzte gelten. Sie verordnen Antibiotika in geringeren Dosierungen und seltener. Darüber hinaus sank im Beobachtungszeitraum auch der Anteil jener Kinder, die überhaupt antibiotisch behandelt werden auf deutlich unter 40 Prozent, nachdem er noch 2009 darüber gelegen hatte.
Keinen Rückgang der Verordnungszahlen gab es dagegen laut der Studie in der großen Altersgruppe der 15- bis 69-Jährigen. „Hier besteht noch Spielraum nach unten, wenn leitliniengerechter behandelt würde“, so die Forscher.
Sinkende Antibiotikaverordnungen zeige die Statistik für die Altersgruppe der Über-70-Jährigen. Allerdings könnte dies laut den Forschern auch damit zu tun haben, dass diese Patienten bei Infektionen verstärkt in Kliniken eingewiesen und dort antibiotisch behandelt würden.
Spitzenreiter bei den Verordnungen sind Rheinland-Pfalz und das Saarland, in den neuen Bundesländern verordnen die Ärzte hingegen weniger Antibiotika. „Aber auch in Schleswig-Holstein und Bayern sind die Verordnungszahlen vergleichsweise niedrig“, so die Forscher.
Vorsicht bei der Verodnung von sogenannten Cephalosporinen
Sorge bereitet den Wissenschaftlern vom Versorgungsatlas der absolute und relative Zuwachs bei der Verordnung sogenannter Cephalosporine. Das ist auch bei der Behandlung von Kindern unter 14 Jahren der Fall. „Insbesondere ab der zweiten Generation gilt diese Wirkstoffklasse aufgrund ihres breiteren Wirkungsspektrums als Reservegruppe, die schweren Infektionen vorbehalten sein sollte“, erklärt Jörg Bätzing-Feigenbaum, der Leiter des Versorgungsatlas. In Norwegen, Schweden, Dänemark und Holland würden Cephalosporine in der ambulanten Therapie kaum eingesetzt. „Wenn dies dort klappt, sollte das auch bei uns funktionieren“, mahnt Bätzing-Feigenbaum.
Ebenfalls warnen die Forscher vor dem Einsatz von Fluorchinolonen bei älteren Patienten. Diese werden in der Gruppe der über 70-Jährigen am häufigsten verordnet, gelten aber als Hauptverursacher von schweren Infektionen mit dem Bakterium Clostridium difficile, die mit einer hohen Sterblichkeitsrate verbunden sind. Auch hier sehen die Experten noch Handlungsbedarf für die ärztliche Fortbildung. © hil/aerzteblatt.de

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