Politik
Mediziner gegen Zulassung von ärztlich assistiertem Suizid
Donnerstag, 9. Oktober 2014
Berlin - Die Lehrstuhlinhaber für Palliativmedizin in Deutschland haben sich geschlossen gegen den ärztlich assistierten Suizid ausgesprochen. Mit Blick auf derzeitige Debatten erklärten sie in einer am Donnerstag veröffentlichten Stellungnahme, eine solche Beihilfe sei keine ärztliche Aufgabe. Eine Gesetzesänderung zur Ermöglichung eines ärztlich assistierten Suizids sei keine adäquate Antwort auf Leiden. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin unterstützt den Appell.
Nach Überlegungen von Bundestags-Befürwortern einer liberalen Regelung soll die Beihilfe zum Suizid im Zivilrecht geregelt und ärztliche Beihilfe ausdrücklich erlaubt werden. Danach soll es eine neue Bestimmung todkranken Patienten ausdrücklich erlauben, bei schwerer, unheilbarer Krankheit mit Hilfe eines Arztes aus dem Leben zu scheiden.
Die Palliativmediziner erklären weiter, es sei stattdessen sehr wohl ärztliche Aufgabe, sich den Menschen in Not mit aller Kompetenz und Fürsorge zuzuwenden. Wichtig seien öffentliche Aufklärung und Auseinandersetzung mit den Themen Krankheit, Sterben, Tod und Trauer sowie die Verbesserung der Fortbildung von Ärzten und Pflegern zur Begleitung Schwerkranker.
„Eine fürsorgliche Gesellschaft sollte palliativmedizinische Angebote zur Norm machen“, so die Mediziner. In der Ausnahmesituation einer mit großem Leiden verbundenen Erkrankung möge für einige Menschen ein assistierter Suizid als einziger Ausweg erscheinen. Dabei stehe jedoch in der Regel nicht der Todeswunsch im Vordergrund, sondern vielmehr die Sehnsucht nach einem Beenden des Leidens. © kna/aerzteblatt.de

Auch Lehrstuhlinhaber sollten "lernfähig" sein!
Die Palliativmedizin läuft Gefahr, eben diese Schwersterkrankten für die Zwecke und zum Gelingen ihrer Profession über Gebühr zu instrumentalisieren.
Ohne Frage: Schön zu lesende Worte, bei denen allerdings ein gewisser Zynismus mitschwingt. Ungeachtet der Heilsversprechen und das scheinbar ehrenwerte Bekenntnis, die Würde der Patienten im Sterben auch wahren zu wollen, kann nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass die Palliativmedizin einen ethischen Sonderweg begeht, auf dem der Schwersterkrankte mit seinem nachhaltigen Sterbewunsch nicht ernst genommen wird. Es gilt, den Willen zu respektieren und nicht dem Versuch zu erliegen, ggf. den Todeswillen in einen „Lebenswillen unter den modernen Bedingungen der Palliativmedizin“ umzudeuten.
Die Rechtsordnung kann und darf es nicht dulden, dass neben ihr gleichsam parallel laufende „arztethische Sollensordnungen“ zementiert werden und hierbei zugleich eine handverlesene Zahl von Lehrstuhlinhabern resp. Palliativmediziner es verstehen, zugleich ethischen Druck auf ihre ärztlichen Berufskollegen auszuüben. Diese Art von ethischer Bevormundung ist unerträglich, auch wenn derzeit ranghohe Ärztefunktionäre letztlich mit schlechtem Beispiel vorangehen.
Abermals mit Verlaub: Auch Palliativmediziner resp. Lehrstuhlinhaber sollten „nur“ von dem reden, wovon sie Ahnung haben! Nun mag es ja angehen, dass die namentlich benannten Lehrstuhlinhaber es mit ihrem Gewissen nicht vereinbaren können, ärztlicherseits an einem frei verantwortlichen Suizid mitzuwirken. Dies gilt zu respektieren so wie es schlicht zu respektieren ist, dass andere Mediziner im Zweifel eine anderslautende Gewissensentscheidung für sich getroffen haben!
Weshalb nun allerdings der ethischen Grundentscheidung der Lehrstuhlinhaber besondere Aufmerksamkeit, geschweige denn verbindlichkeitsstiftende Kraft beigemessen werden soll, bleibt wohl einzig ihr Geheimnis, sind diese doch nicht „ethischer“ und „moralisch“ integerer als ihre Kollegen.
Ein Blick in das Grundgesetz, vorzugsweise auch mit Blick auf die Freiheitsrechte der ärztlichen Kollegen, könnte auch für die Lehrstuhlinhaber zur Rechtsfindung dienlich sein!

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