Medizin
PTBS: Psychotherapie lindert traumabedingte DNA-Schäden
Dienstag, 4. November 2014
Ulm – Schwere traumatische Erlebnisse können nicht nur die psychische Gesundheit zerrütten. Es kommt auch zu DNA-Schäden in Immunzellen, wie eine Studie in Psychotherapy and Psychosomatics (2014; 83: 289-97) zeigt. Dort linderte die Psychotherapie nicht nur die psychischen Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS). Auch das Ausmaß der Erbgutschäden konnte deutlich reduziert werden.
Psychischer Stress steigert die Ausschüttung von Katecholaminen und Glukokortikoiden. Es kommt zu einem vermehrten oxidativen Stress und zu Entzündungsreaktionen im Körper. Sie erhöhen die Anfälligkeit der Patienten auf Infektionen und Autoimmunerkrankungen. Die Patienten laufen auch Gefahr, frühzeitig an altersbedingten Erkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs zu erkranken.
Ein Marker für die organischen Schäden sind Blutuntersuchungen, in denen nach DNA-Schäden in den Leukozyten gesucht wird. Ein Team um Iris-Tatjana Kolassa, Leiterin der Abteilung für Klinische und Biologische Psychologie an der Universität Ulm, hat hierzu 34 Patienten untersucht, die in Bürgerkriegsregionen Afrikas, des Balkans und des Nahen Osten psychisch traumatisiert worden waren. Sie wiesen ein höheres Maß an DNA-Schäden auf als eine Gruppe von 31 Flüchtlingen, die zwar ebenfalls traumatische Erfahrungen gemacht hatten, aber keine PTBS-Symptome zeigten, und eine Kontrollgruppe mit 20 Personen, die eine vergleichbare ethnische Zusammensetzung aufwies.
Im zweiten Teil der Studie wurden die 34 Flüchtlinge sowie vier weitere PTBS-Patienten auf zwei Gruppen randomisiert. Die erste erhielt eine Psychotherapie, die andere wurde auf einen späteren Behandlungstermin vertröstet. Zum Einsatz kam eine sogenannte Narrative Expositionstherapie. Sie soll den traumatisierten Menschen helfen, die traumatischen Erinnerungen autobiografisch einzuordnen. Dabei entwerfen die Patienten ihre gesamte Lebensgeschichte als chronologische Erzählung. Das Ziel besteht darin, die traumatischen Erfahrungen als Bestandteile der Biografie zu begreifen und dadurch von starken negativen Gefühlen zu trennen.
Die Therapie erwies sich als erfolgreich. Vier Monate nach Therapiebeginn hatten sich die Symptome der PTBS abgeschwächt. Gleichzeitig besserten sich die Befunde in der Blutuntersuchung. Die DNA-Schäden waren nach Auskunft von Erstautorin Julia Morath vom Kompetenzzentrum Psychotraumatologie der Universität Konstanz nur noch so hoch wie in der nicht-traumatisierten Vergleichsgruppe. Eine Folgeuntersuchung nach einem Jahr zeigte, dass Flashbacks, Schlafstörungen, Übererregbarkeit und Befindlichkeitsstörungen weiter abgenommen hatten und sich auch die Zahl der DNA-Strangbrüche in den Immunzellen weiter reduziert hatte.
Die Studie bestätigt, dass es einen Zusammenhang zwischen traumatischem Stress und der Schädigung der DNA gibt. Dass sich mit den Symptomen der PTBS auch die DNA-Schäden bessern, unterstreicht zudem die Wirksamkeit der Psychotherapie. Sie kann nach Auskunft der beiden Forscherinnen derzeit nur einem Teil der Betroffenen angeboten werden. Ihrer Ansicht nach laufen deshalb viele Patienten Gefahr, schwerwiegende organische Folgeerkrankungen ihrer PTBS zu erleiden, die dann kaum noch korrigiert werden könnten.
© rme/aerzteblatt.de
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