Hochschulen
Fachgesellschaften kritisieren Fehlverteilung von Forschungsgeldern
Montag, 17. November 2014
Düsseldorf – Landesmittel für die Forschung nach validen und sachgerechten Kriterien zu verteilen, fordert die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF). Im Augenblick würden aber pro Jahr über 600 Millionen Euro an Forschungsgeldern aus Landeszuschüssen nach wissenschaftlich nicht ausreichend validen Leistungskriterien an den medizinischen Fakultäten vergeben, kritisierte die Delegiertenkonferenz der AWMF Mitte November. Im Fokus der Fachgesellschaften steht dabei der sogenannte Journal Impact Factor.
Dieser spiegelt die Bedeutung wissenschaftlicher Fachzeitschriften wider und diente ursprünglich Bibliothekaren als Indikator bei der Auswahl der zu abonnierenden Fachzeitschriften. Inzwischen gelte der Quotient jedoch zunehmend als Qualitäts-Merkmal wissenschaftlicher Leistungen und beeinflusse somit auch die berufliche Entwicklung von Medizinern, kritisiert die AMWF.
Die Organisation verweist dabei auch auf die sogenannte San Francisco Declaration on Research Assessment. Diese fordert alternative Bewertungskriterien für die Leistung von Wissenschaftlern. Über 500 internationale Wissenschaftsorganisationen und über 12.000 Einzelpersonen haben sie bislang unterzeichnet. „Nur eine wissenschaftlich valide Leistungsbewertung, die der Vielfalt und Komplexität medizinischer Forschung Rechnung trägt, kann auch einer sachgerechten Zuweisung öffentlicher Forschungsmittel zugrundliegen“, betont die AWMF.
zum Thema
- AWMF-Positionspapier zur Evaluation von Forschungsleistungen
- San Francisco Declaration on Research Assessment
Deutsches Ärzteblatt print
- Den Referenzen Reverenz erweisen: Korrektes Zitieren ist eine wissenschaftliche Tugend, aber auch in begutachteten Artikeln nicht selbstverständlich
- Nichtperfekter Impact-Faktor: Der Impact-Faktor ist ein gutes Maß für den Einfluss von Zeitschriften. Bei seiner Anwendung auf Autoren ist aber genauso Vorsicht geboten wie beim Vergleich über die Grenzen medizinischer Disziplinen hinweg
Sinnvoller sei zum Beispiel, dass unabhängige Fachexperten die Leistungen von Wissenschaftler begutachten. Dabei stehe im Mittelpunkt die Frage, ob eine Person in ihrem Fach etwas bewegt habe. Dies zeige sich zum Beispiel darin, dass medizinische Leitlinien die betreffenden Studien zitierten. © hil/aerzteblatt.de

Die Ökonomisierung der Wissenschaft
Die o.g. Kritik der AWMF ist in diesem Kontext nur Ausdruck des Verteilungskampfes unterschiedlicher Forschergruppen um knappe Ressourcen.
Dabei ist es fast egal, ob man den Impactfactor aus Zeitschriften nimmt oder die Zitierung in Leitlinien, es sind alles Surrogatmarker für eine gute Forschung und es ist nur eine retrospektive Betrachtung möglich. Die jetzige Situation schafft Abhängigkeiten für Nachwuchswissenschaftler, gute Mentoren sind selten, und zum jetzigen Zeitpunkt muß der junge Wissenschaftler sich in eine jahrelange Knechtschaft begeben, bevor er in der Hierarchie weit genug aufgestiegen ist und eigene Projekte voranbringen kann. Wenn er Pech hat, ist die kreative Lebensphase dann vorbei...
Ein weiterer Nebeneffekt der ausschließlichen Projektfinanzierung ist die Fixierung auf den Mainstream, originelle Ideen haben wenig Chancen, es sei denn, man kann über ein offizielles Projekt mit eingesparten Mitteln eine kreative unkonventionelle Idee querfinanzieren. Auch wenn das Gießkannenprinzip seitens der Länderbürokraten heftig gescholten wird, eine gewisse Grundfinanzierung ist schon notwendig, wenn man nicht nur Mittelmaß ernten möchte.

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