Medizin
Typ 1-Diabetes: Sterberisiko auch bei guten HbA1c-Werten erhöht
Donnerstag, 20. November 2014
Göteborg – Eine gute Blutzuckereinstellung gilt beim Typ 1-Diabetes als Lebensversicherung. In einer Analyse des Schwedischen Diabetes-Registers im New England Journal of Medicine (2014; 371: 1972-1982) kam jetzt aber heraus, dass das Sterberisiko bereits bei niedrigen HbA1c-Werten erhöht ist.
Eine gute Blutzuckerkontrolle senkt beim Typ 1-Diabetes das Risiko von mikrovaskulären Komplikationen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die meisten Leitlinien empfehlen einen HbA1c-Wert von weniger als 7,0 Prozent, den erfahrungsgemäß jedoch nicht einmal jeder zehnte Patient auf Dauer erreicht. Im Schwedischen Diabetes-Register hatte dagegen jeder fünfte Typ 1-Diabetiker HbA1c-Werte von 8,8 Prozent oder höher.
Da sich die Einträge im Register leicht mit dem Sterbe- und Krankenhausregister des Landes abgleichen lassen, konnten Marcus Lind von der Universität Göteborg und Mitarbeiter den Einfluss des HbA1c-Wertes auf die Sterblichkeit untersuchen. Die Analyse umfasste 33.915 Typ 1-Diabetiker und 169.249 gleichaltrige Kontrollen gleichen Geschlechts sowie einem vergleichbaren Bildungsniveau.
Die Teilnehmer waren im Durchschnitt 38 Jahre alt und litten im Mittel seit 20,4 Jahren an einem Typ 1-Diabetes. In den ersten acht Jahren der Nachbeobachtung starben 2.701 Typ 1-Diabetiker. Die Sterberate war mit 8,0 Prozent mehr als dreimal so hoch wie in der Kontrollgruppe, wo 2,9 Prozent gestorben waren.
Wie erwartet, stieg das Sterberisiko mit dem HbA1c-Wert. Diabetiker mit einem HbA1c-Wert von über 9,7 Prozent hatten ein 8,51-fach erhöhtes Sterberisiko. Bei einem HbA1c-Wert von 8,8 bis 9,6 Prozent war das Risiko noch 3,65-fach erhöht, bei einem HbA1c-Wert von 7,9 auf 8,7 Prozent betrug die Hazard Ratio 3,11 und für einen HbA1c-Wert von 7,0 bis 7,8 noch 2,38. Überraschend war jedoch, dass auch die Patienten mit dem „idealen“ HbA1c-Wert von 6,9 Prozent oder weniger ein noch 2,36-fach signifikant erhöhtes Sterberisiko hatten.
Warum das Sterberisiko gegenüber der Normalbevölkerung bereits bei niedrigen HbA1c-Werten erhöht war, kann die Studie nicht klären. Neben einem erhöhten kardiovaskulären Risiko könnten allerdings auch therapiebedingte Todesfälle eine Rolle gespielt haben.
Ketoazidosen (als Folge eines Insulinmangels) oder Hypoglykämien (als Folge einer Überdosierung) wurden in 14,5 Prozent aller gestorbenen Typ 1-Diabetiker als primäre Todesursache genannt. In der Altersgruppe der unter 30-Jährigen betrug der Anteil sogar 31,4 Prozent. Der Typ 1-Diabetes ist demnach nicht nur aufgrund der Spätkomplikationen eine lebensgefährliche Erkrankung. © rme/aerzteblatt.de

Die Studie deckt sich mit der "gefühlten" Erfahrung
Offensichtlich ist eine mäßige bis deutliche Erhöhung des HbA1 nicht wirklich bedeutend für die Lebenserwartung. Erst eine sehr deutliche bis massive Erhöhung des HbA1 scheint relkevant zu sein. Das deckt sich aber mit der Erfahrung, daß weniger pedantisch eingestellte Diabetiker robuster sind als die penibel eingestellten.
Es ist bedauerlich, daß die Studie an TypI-Diabetikern durchgeführt wurde. Noch deutlicher, und eventuell sogar signifikant besser dürften die Überlebenschancen bei mäßig gut eingestellten TypII-Diabetikern ausfallen.
Mich erstaunt immer wieder die gute bis sehr gute mentale Leistung der schlecht einstellbaren oder wenig folgsamen Diabetiker vomTyp II, und nach mehr als 30 Jahren Allgemeinarzttärtigkeit sind rückblickend auch die Fälle von Amputationen und Nierenversagen bei dieser Gruppe eher niedriger.
Dr.Karlheinz Bayer, Ba

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