Politik
Spahn und Dittmar: Kein Automatismus bei Arztsitzaufkauf
Montag, 24. November 2014
Berlin – Die zum Teil heftige Kritik am Entwurf zum Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) können einzelne Gesundheitspolitiker nicht nachvollziehen. „Dass wir wie mit dem Rasenmäher 25.000 Arztsitze wegnehmen wollen, stimmt nicht“, betonte die stellvertretende gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Sabine Dittmar.
Sie bezog sich auf die vorgesehene Neuregelung zum Arztsitzaufkauf in formal überversorgten Gebieten. Diese hatten sowohl die Kassenärztliche Bundesvereinigung wie auch zahlreiche Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) scharf kritisiert. Bereits heute müssten die Zulassungsausschüsse genau prüfen, „ob ein Arztsitz aus Versorgungsgründen wieder neu besetzt werden muss oder nicht“, erinnerte Dittmar. Daran soll sich ihrer Meinung nach nichts ändern: „Bei einer Versorgung von 110 Prozent gibt es nicht automatisch einen Schnitt.“
Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jens Spahn, hatte kürzlich in seinem Blog auf ein Detail hingewiesen, das möglicherweise in der Debatte zu kurz komme: „Kein Praxisaufkauf kann durch die Kassenärztliche Vereinigung (KV) ohne deren Votum im Zulassungsausschuss durchgesetzt werden. Bei jedem einzelnen Aufkauf einer Praxis haben die KVen damit faktisch ein Vetorecht.“ Spahn bezog sich mit diesem Hinweis auf Paragraf 103 Sozialgesetzbuch V, der Einzelheiten zu Zulassungsbeschränkungen regelt. Normalerweise gilt im Zulassungsausschuss ein Antrag bei Stimmengleichheit als abgelehnt. Bei der Nachbesetzung eines Arztsitzes ist dies jedoch etwas anders, zumindest bisher: Bei Stimmengleichheit muss einem Antrag auf Nachbesetzung stattgegeben werden
Dittmar unterstützt Wartezeiten-Regelung
Für KV-Servicestellen zum Abbau von Wartezeiten auf Facharzttermine hat sich Dittmar ausgesprochen, obgleich sie als langjährig niedergelassene Hausärztin diesen Ansatz zu Beginn der Koalitionsverhandlungen noch kritisch gesehen hat. „Ich bin mittlerweile der Überzeugung, dass wir eine solche Regelung brauchen“, stellte sie klar. „Die Überweisung von dringenden Fällen hat früher schon funktioniert. Ein Problem gibt es hingegen bei Patienten, die kein akutes Problem haben, die aber mittelfristig einen Facharzttermin brauchen“.
Als Beispiel nannte Dittmar den Fall eines Patienten, der nach einem Belastungs-EKG ein Herzgeräusch entwickelt habe und den sein Hausarzt zum Kardiologen überwies. Auf einen Termin dort sollte er mehr als ein halbes Jahr warten. „Dass die Volksseele kocht, wenn von solchen Fällen berichtet wird, kann ich verstehen“; sagte Dittmar. „Das darf einfach nicht passieren.“
Wenn sich herausstelle, dass die Terminvermittlungsstellen überflüssig seien, weil es kaum Bedarf gebe, könne man sie später ja wieder abschaffen, schlug Dittmar vor. Genau verfolgen will die SPD-Gesundheitspolitikerin, welche Detailvorschriften am Ende ins Gesetz einfließen: „Dass die Servicestellen noch einmal über die Notwendigkeit einer Terminvermittlung beziehungsweise die Dringlichkeit einer Überweisung entscheiden sollen, steht so nicht im Koalitionsvertrag.“ Werde dies vorgeschrieben, müssten die KVen ihre Servicestellen „mit medizinisch qualifiziertem Personal besetzen“. © Rie/aerzteblatt.de

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