Ärzteschaft
KBV-Vorstand warnt vor Gefährdung der ambulanten Versorgung
Freitag, 5. Dezember 2014
Berlin – Das geplante Versorgungsstärkungsgesetz der schwarz-roten Bundesregierung gefährdet nach Ansicht des Vorstandes der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) die Versorgung der Patientinnen und Patienten in den Praxen niedergelassener Ärzte. Das bekräftigten heute bei der KBV-Vertreterversammlung in Berlin Andreas Gassen und Regina Feldmann. Im Koalitionsvertrag habe sich die Regierung für die ärztliche Freiberuflichkeit als Garant für Diagnose- und Therapiefreiheit sowie für die freie Arztwahl ausgesprochen.
Der neue Kurs, den die Politik mit dem VSG einschlage, bewirke aber das Gegenteil, kritisierte Gassen vor der Vertreterversammlung. Scheinbar änderten sich nur Kleinigkeiten, in der Summe läute das Gesetz aber einen Paradigmenwechsel ein, an dessen Ende mehr staatliche Kontrolle stehe. Der KBV-Vorsitzende bemängelte zudem die zum Teil widersprüchlichen Regelungen des Gesetzentwurfs. Es sei absurd, auf der einen Seite durch den Zwangsaufkauf von Arztpraxen im schlimmsten Fall bis zu 25.000 Arztsitze „weg zu rationalisieren“ und auf der anderen Seite zu lange Wartezeiten auf Facharzttermine zu beklagen und dafür eigens Terminservicestellen einrichten zu wollen – ein Instrument im Übrigen, mit dem die freie Arztwahl ausgehebelt werde, so Gassen.
„Das VSG ist und muss heute unser Hauptthema sein“, sagte Gassen. Er appellierte zugleich an Hausärzte, Fachärzte und Psychotherapeuten, zusammen ein Zeichen zu setzen und der vom KBV-Vorstand vorgeschlagenen Resolution zuzustimmen. „Wenn wir den Ausverkauf der ambulanten Versorgung in Deutschland verhindern wollen, dann müssen wir Seite an Seite stehen“, so Gassen. Die Delegierten folgten schließlich seinem Aufruf und nahmen die Vorlage einstimmig an.
Zuvor hatte auch KBV-Vorstand Regina Feldmann erklärt, mit dem VSG verabschiede sich die Politik vom Prinzip der wohnortnahen ambulanten Versorgung durch freiberuflich tätige Ärzte und Psychotherapeuten. Das einzige, was mit dem Gesetz gestärkt werde seien die Krankenhäuser, Medizinischen Versorgungszentren und Hochschulambulanzen, „nicht aber die Praxis um die Ecke“. Die beabsichtigten Veränderungen gäben dem dringend benötigten Nachwuchs keinerlei Sicherheit, dass er in der Praxis eine langfristige Perspektive finde.
Mit Blick auf die Bedarfsplanung forderte Feldmann ein Gesamtkonzept aus medizinischem Versorgungsbedarf und sinnvoller Steuerung der Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen. „Die ärztliche Versorgung ist kein Bestellservice mit unbegrenztem Lieferversprechen. Schon gar nicht solange es Budgets gibt, die Praxen voll sind und die Wartezeiten angeblich ohnehin schon zu lang“, sagte Feldmann. Die Patienten müssten ein stärkeres Bewusstsein dafür entwickeln, welche Kosten sie auslösten und mehr Eigenverantwortung übernehmen.
Das könne beispielsweise durch unterschiedliche Tarife geregelt werden, die Versicherte für den unbeschränkten Zugang zu allen Versorgungsebenen oder eine Inanspruchnahme fachärztlicher Leistungen nach Überweisung zahlten. Wie Vorstandskollege Gassen appellierte auch Feldmann an die Einigkeit der Ärzte im Kampf gegen das VSG. „Unterstützen Sie uns in unserem Kampf, und lassen Sie uns nicht gegeneinander kämpfen.“
Vor und während der Vertreterversammlung hatten Mitglieder der freien Ärzteschaft ihrem Unmut über das VSG Ausdruck verliehen. Ihre Kritik deckte sich im Wesentlichen mit der der KV- und KBV-Vertreter. Radikaler waren nur die daraus abgeleiteten Forderungen: KVen und KBV sollten sich weigern, das VSG umzusetzen. „Lassen Sie den Staatskommissar kommen, dann sieht die Gesellschaft, wer für die Entwicklungen verantwortlich ist“, sagte Steffen Kauert. „Wenn Sie das VSG umsetzen, machen Sie sich zum Totengräber der ambulanten Versorgung.“
Für diese Verweigerungshaltung ernteten die Vertreter der freien Ärzteschaft jedoch von vielen VV-Mitgliedern Kritik. Der stellvertretende VV-Vorsitzende Steffen Windau räumte ein, dass die KVen einen schwierigen Spagat zwischen Protest und Umsetzung des Gesetzes hinlegen müssten. Allerdings zeigte er sich überzeugt, dass es besser sei im System zu agieren. „Alles andere wird nichts nützen.“ © HK/aerzteblatt.de

Erstaunlicher 180-Grad-Schwenk bei Herrn Metke
"Das freiberufliche, leistungsorientierte System ist zudem auch der einzige Weg, medizinischen Fortschritt für alle im Land finanzierbar zu gestalten. Diesen Wert für die nachkommende Ärzte- und Psychotherapeutengeneration anstrebbar zu erhalten, ist unsere Aufgabe; vor allem in einer Zeit, in der bereits über zehn Prozent der in den Praxen tätigen Ärzte und Psychotherapeuten die Freiberuflichkeit in der Selbstständigkeit nicht mehr als primäres Ziel für Ihren Lebensentwurf ansehen. " (N.Metke)

Kampf um das Rederecht in dieser Versammlung

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