Politik
Widerstand gegen Telemedizin: Nicht in NRW
Freitag, 23. Januar 2015
Düsseldorf/Mainz – Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) hat betont, dass es in Nordrhein-Westfalen (NRW) keine „nachhaltigen Widerstände von Ärzten gegen die hier entwickelten Telemedizin-Projekte“ gibt. Damit widersprach Steffens der Vorsitzenden der Gesundheitsministerkonferenz, Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin hatte in einem Interview mit der Deutschen Presse-Agentur gesagt: „Es gibt Widerstände aufseiten der Ärzte und der Kassen, aber das Gesetz bietet riesige Chancen. Ich will bei den Kollegen der anderen Länder dafür werben“, so Bätzing-Lichtenthäler.
Steffens verwies hingegen darauf, dass Ärzte und Patienten in NRW bei der Entwicklung von Telemedizin-Projekten von Anfang an in Planung und Konzeption eingebunden sind. „Außerdem gilt in NRW der Grundsatz: Nicht das technische machbare steht im Vordergrund, sondern das, was ein menschliches Gesundheitssystem in sinnvoller Weise unterstützt“, erklärte die Politikerin der Grünen.
Sie kündigte an, den Entwurf der Bundesregierung zum E-Health-Gesetz kritisch zu überprüfen, ob er die Nutzerorientierung bei Anwendungen, Sicherheit und Datenschutz ausreichend berücksichtigt. „Außerdem muss die Einführung der Telematikinfrastruktur wesentlich schneller und kostengünstiger erfolgen, um die Projekte in den Ländern endlich vernetzen zu können“, forderte Steffens.
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- NRW will Telemedizin vorantreiben
- Fachärzte: Die Rolle des Arztes im Bereich der Telemedizin stärken
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Die rheinland-pfälzische Gesundheitsministerin hob darüber hinaus hervor, dass die Telemedizin einen Ansatz gegen Ärztemangel auf dem Land biete. So müssten etwa Patienten für das Blutdruckmessen nicht mehr zum Arzt zu gehen. „Die Telemedizin wird nicht das Patentrezept sein, um dem demografischen Wandel zu begegnen“, sagte Bätzing-Lichtenthäler. Sie werde aber helfen können, die „ärztliche Versorgung weitestgehend sicherzustellen.“ © hil/aerzteblatt.de

Laien-Telemedizin für blutige Anfänger?
als Rheinland-Pfälzische Ministerin für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie bzw. als Vorsitzende der Gesundheitsminister-Konferenz fungierend auch noch illusionär verkennend gegenüber der dpa konfabuliert:
- dass Telemedizin ein Ansatz sei, dem ländlichen Ärztemangel entgegenzuwirken
- Patienten dann für das Blutdruck messen nicht mehr zum Arzt zu gehen müssten
- der dpa erklärt, "die Telemedizin wird nicht das Patentrezept sein, um dem demografischen Wandel zu begegnen",
- sie aber zugleich helfen könne, "ärztliche Versorgung weitestgehend sicherzustellen."
Abgesehen davon, dass telemedizinische Leuchtturmprojekte in NRW ganz andere Zielsetzungen haben, sucht kein Mensch seinen Haus- oder Facharzt einzig und allein für Blutdruckmessungen auf. Das geht zu Hause und in der Apotheke ebenso gut. Für die primär hausärztlich-internistische Versorgung allerdings, fehlen der Telemedizin wesentliche Sicherheits-, Diagnose- und Therapie relevante Fakten:
1. Psychosomatische Wahrnehmungen in der direkten Arzt-Patienten-Interaktion wie Haltung, Hautfarbe, Hautturgor, Körpergeruch, Tonus, Sinnesorgane, Kraft, Temperatur, Pflegezustand, Foetor, Dolor, Calor, Rubor, Tumor, Stridor, Atem- und Herzgeräusche, Muskeltonus oder Muskelschwund, Haltungsprobleme, Gemütszustand, bio-psycho-soziale Schwingungsfähigkeit etc.
2. körperlich-physikalische Untersuchungsergebnisse: Kopf-, Hals-, Thorax-, Abdomen-Organe, Extremitäten, Haut, Schleimhaut, "digitale" Untersuchungen, Arterien/Venen, ZNS, Nervensystem, Psyche, Sinnesorgane, usw.
3. Differenzial-diagnostische Weiterführung mittels EKG, Lungenfunktion, Laborparameter, Herz-Kreislauf-Tests o. ä.
Hier degeneriert die Telemedizin zum putzigen „Plants vs. Zombies“-Computerspiel. Völlig unglaubwürdig schalten sich Patient und Mediziner per Computer und Webcam zusammen, um Probleme zu lösen, die entweder völlig harmlos und nichtssagend sind oder von denen sie vorher noch gar nicht wissen konnten, dass sie sie haben könnten. Die schnelle Übertragung medizinischer Daten würde zwar erfolgen. Medizinisch relevante Untersuchungen können aber bei nur virtueller Präsenz von Arzt und Patient gar nicht realiter durchgeführt werden.
So gibt es denn nur die banal-digitale, Laien-medizinische Abwärtsspirale: "Wir wollen E-Health fördern", sagt Bätzing-Lichtenthäler. Ziel von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) sei es, dass ein Gesetz zur Behandlung mithilfe elektronischen Datenaustauschs (E-Health) 2016 in Kraft trete.
Doch wer macht dann Blutabnahmen? Stellt Diagnosen? Macht die Appendektomie? Die Entbindung? Die Sectio? Den Herzkatheter? Die Angioplastie? Die Cholezystektomie? Operiert den Knochenbruch? Sortiert und gewichtet die Multimorbiditäten? Organisiert Therapiepläne? Motiviert zur REHA? Stellt die AU aus? Kollege Computer und die „Cloud“ bestimmt nicht!
„Durchs Telefon und durch die Hose stellt man keine Diagnose“ – nur per EDV ist viel zu ungenau. Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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