Vermischtes
Künstlicher Mini-Organismus soll Tierversuche ersetzen
Montag, 2. Februar 2015
Hannover – Eine mögliche Alternative für Tierversuche in der medizinischen Forschung haben Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Werkstoff und Strahltechnik IWS entwickelt. Zusammen mit dem Institut für Biotechnologie der TU Berlin haben sie einen Multiorgan-Chip konstruiert, der komplexe Stoffwechselvorgänge im menschlichen Körper nachstellt. „Unser System ist ein Miniorganismus im Maßstab 1:100.000 zum Menschen“, erläutert Frank Sonntag vom Fraunhofer-Institut.
In dem Chip lassen sich an mehreren Positionen menschliche Zellen aus verschiedenen Organen aufbringen. Diese „Mini-Organe“ sind durch winzige Kanäle miteinander verbunden. „Damit simulieren wir den menschlichen Blutkreislauf“, erklärt Sonntag. Eine Mikropumpe befördere kontinuierlich flüssiges Zellkulturmedium durch feine Mikrokanäle. Den genauen Aufbau des Chips, also die Anzahl der Mini-Organe und die Verbindung mit den Mikrokanälen, können die IWS-Forscher spezifisch an unterschiedliche Fragestellungen und Anwendungen anpassen. Mit dem Chip lassen sich Wirkstoffe von neuen Medikamenten testen oder Kosmetika auf ihre Hautverträglichkeit untersuchen.
Das neue System hat nach Auskunft der Ingenieure zwei entscheidende Vorteile: Das sogenannte Mikrofluidiksystem ist extrem miniaturisiert. Die Pumpe ist in der Lage, winzigste Fördermengen von unter 0,5 Mikroliter pro Sekunde durch die Kanäle zu schleusen. „Dadurch ist das Verhältnis zwischen Zellprobe und flüssigem Medium realitätsgetreu“, erläutert Sonntag. Stimme dieses Verhältnis nicht, führe das zu ungenauen Ergebnissen. Zweitens sorge das Mikrofluidiksystem für eine Strömung – wie das menschliche Blut fließe das Medium kontinuierlich durch den gesamten Kreislauf auf dem Chip.
Um die Wirkung einer Substanz zu testen, bestücken die Wissenschaftler zunächst den Chip mit verschiedenen Zellproben. Der zu testende Wirkstoff wird dann über das Medium der Zellprobe desjenigen Organs zugeführt, an dem der Stoff im menschlichen Körper in den Blutkreislauf eintreten würde. © hil/aerzteblatt.de

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