Politik
Drogenbeauftragte will Cannabis-Konsum für Schwerkranke erleichtern
Dienstag, 3. Februar 2015
Berlin – Die Bundesregierung will einem Bericht zufolge für schwerkranke Schmerzpatienten den Cannabis-Konsum erleichtern. „Mein Ziel ist, dass in Zukunft mehr Menschen als bisher Cannabis als Medizin bekommen können“, sagte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marlene Mortler (CSU), der Zeitung Die Welt vom Dienstag. Für diese Patienten müssten die Kosten von den Krankenkassen erstattet werden. „Wir wollen noch dieses Jahr das Gesetz durch den Bundestag bringen, damit es ab nächstem Jahr greift“, fügte Mortler hinzu.
Die Drogenbeauftragte räumte aber ein, dass es „nicht ganz einfach“ sei, abzugrenzen, wer Cannabis tatsächlich dringend als Medikament benötige. Patienten, die Cannabis zur Linderung von chronischen Erkrankungen brauchen, können sich derzeit noch strafbar machen. „Die Politik muss hier schnell Klarheit schaffen“, sagte Mortler.
Die CSU-Politikerin beklagte zudem, dass die Verbote des Verkaufs von Alkohol an Minderjährige von den Ordnungsämtern in den Kommunen nicht ausreichend überwacht würden. Sie sprach sich vor diesem Hintergrund für schärfere Kontrollen aus und kündigte an, darüber in Kürze mit dem Städtetag und dem Landkreistag Gespräche zu führen.
Nach Angaben des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Bonn verfügen derzeit 358 Patienten über eine Ausnahmeerlaubnis zum Erwerb von Cannabisblüten oder Cannabisextrakten „im Rahmen einer medizinisch betreuten und begleiteten Selbsttherapie". Insgesamt seien 398 Anträge bewilligt worden, sagte Institutssprecher Maik Pommer. Davon sei ein Teil wieder zurückgegeben worden oder die Patienten seien verstorben.
Cannabis wird unter anderem zur Behandlung von chronischen Schmerzen, bei Rheuma und gegen spastische Lähmungen und Krämpfe bei multipler Sklerose eingesetzt. Die Kassen zahlen nur in Einzelfällen, etwa bei MS-Patienten. In der Regel müssen Patienten für das Cannabis monatlich mehrere hundert Euro zahlen.
"Längst überfälliger Schritt"
Die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion, Hilde Mattheis, nannte die angekündigte Gesetzesänderung einen „längst überfälligen” Schritt. „Cannabis auf Rezept bedeutet, dass betroffene Patienten nicht stigmatisiert werden, jedem unabhängig vom Geldbeutel der Zugang ermöglicht wird und die Qualität der Arznei gewährleistet ist", erklärte sie.
Auch der CDU-Gesundheitspolitiker Jens Spahn befürwortete eine klare Regelung. „Cannabis auf Rezept und von der Kasse bezahlt ist für bestimmte Patientengruppen sicher sinnvoll", erklärte Spahn in Berlin. Außerdem sei eine klare Regelung „sicher besser, als wenn sich jetzt jeder im Einzelfall gerichtlich das Recht auf Anbau im eigenen Garten erstreitet".
Eine Therapie mit cannabionidhaltigen Arzneimitteln könne für bestimmte Patienten sinnvoll sein, sagte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, der Neuen Osnabrücker Zeitung vom Mittwoch. Er schlug die Berufung einer Expertengruppe vor, die Empfehlungen zur zulassungsüberschreitenden Anwendung von Arzneimitteln auf Basis von Cannabis erstellt. Montgomery warnte zugleich vor ungeprüften Cannabiszubereitungen. Eine Legalisierung des Besitzes und der Anbau für den medizinischen Eigenbedarf seien nicht sinnvoll.
Der Präsident der Bayerischen Landesärztekammer, Max Kaplan, befürwortete ebenfalls Cannabis auf Rezept für schwerkranke Patienten. Gegen den Vorschlag der Bundesregierung sei grundsätzlich nichts einzuwenden: „Es handelt sich nicht um eine Legalisierung der Droge, sondern es geht um die medikamentöse Versorgung chronisch kranker Patienten, und das halte ich durchaus für sinnvoll”, sagte Kaplan am Dienstag dem Radiosender Antenne Bayern. Wegen der Nebenwirkungen gehöre Cannabis aber ärztlich verordnet. Zudem sei der Gewöhnungseffekt sehr stark.
Im Vorjahr hatte das Verwaltungsgericht Köln drei chronischen Schmerzpatienten erlaubt, als „Notlösung“ in ihren Wohnungen Cannabis anzubauen, da entsprechende Medikamente wegen fehlender Kostenübernahme für sie unerschwinglich seien. Mit ihren Klagen wollten sie die Genehmigung vom BfArM erstreiten, die illegale Droge aus medizinischen Gründen selbst anzubauen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Bundesinstitut hat laut Pommer gegen die Entscheidung Berufung am Oberverwaltungsgericht Münster eingelegt.
Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge in Deutschland - aber auch Basis für Medikamente. Den beiden Hauptwirkstoffen Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD) wird eine krampflösende und schmerzlindernde Wirkung zugeschrieben. © afp/dpa/aerzteblatt.de

Legalisieren von Cannabis ?

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