Ärzteschaft
Strafanzeigen gegen den Empfänger einer gekauften Niere
Donnerstag, 19. Februar 2015
Köln - Gegen den Auslandsreporter Willi Germund, der sich von einem Afrikaner eine Niere gekauft und in einem mexikanischen Krankenhaus hat einpflanzen lassen, sind Strafanzeigen erstattet worden, darunter von der Vertrauensstelle Transplantationsmedizin bei der Bundesärztekammer und von der Interessengemeinschaft Nierenlebendspende e.V. mit Sitz in Verden a.d. Aller. Germund, der aus Deutschland stammt und in Bangkok wohnt, hat vor wenigen Wochen im Rowohlt Taschenbuch Verlag (Reinbek bei Hamburg) ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Niere gegen Geld. Wie ich mir auf dem internationalen Markt ein Organ kaufte.“ Darin beschreibt Germund – sein Alter wird in verschiedenen Medien mit 60 Jahren angegeben - wie vor vielen Jahren bei ihm Zystennieren diagnostiziert wurden, wie er nach einem schließlich vollständigen Funktionsverlust beider Nieren dialysiert werden musste und sich circa ein halbes Jahr nach Beginn der Dialysepflichtigkeit das Organ eines jungen afrikanischen Mannes implantieren ließ.
Transplantationsgesellschaft kritisiert verharmlosende Berichte
Seit der Buchveröffentlichung war Germund unter anderem Gast im öffentlich-rechtlichen Fernsehen (ARD und ZDF). Im Magazin „Stern“ kommt Germund in der Ausgabe vom 29. Januar unter der Rubrik „Wissen“ in einem vierseitigen Interview zu Wort. Darin wird Germund zitiert, er habe kein schlechtes Gewissen. Der Nierenkauf und –verkauf sei „eine Chance für beide Seiten“, der damals 28jährige Spender habe 30 000 US-Dollar erhalten. Moralische Argumente dagegen, dass reiche Europäer von armen Spendern Organe kaufen, seien scheinheilig. Das Prinzip sei doch, dass ganz Europa auf Kosten der Dritten Welt lebe. Er habe im Buch „einfach mal darstellen wollen“, was aus Sicht einer betroffenen Person „abgehe“, das fehle in der Debatte.
Die Deutsche Transplantationsgesellschaft (DTG) spricht von „verharmlosenden Berichten“ des Organkaufs in den Medien: Sie könnten fast schon als „Produktwerbung für eine nach dem Transplantationsgesetz unter Strafe gestellte Handlung“ angesehen werden, so die DTG. „Die aus einer finanziellen Notlage heraus erfolgende Nierenspende führt sehr selten zu einer langfristigen Verbesserung der Existenzgrundlage der Spender“, fasst DTG-Generalsekretär Christian Hugo von der Universitätsklinik Dresden entsprechende internationale Untersuchungen zusammen. Der fehlende Zugang zu adäquater Gesundheitsversorgung und unzureichende Vor-, Nachsorge- und Therapiemöglichkeiten in diesen Ländern führten häufig über Komplikationen zu einer weiteren sozio-ökonomischen Abwärtsspirale der Spender, so Hugo.
In ähnliche Richtung geht die Argumentation einer Ablehnung des Organhandels durch die Weltgesundheitsorganisation: Die Verletzung der Menschenwürde durch schlechte Lebensbedingungen schließe weitere Verletzungen von Menschenrechten nicht aus und dem gelte es entgegenzuwirken. Die 2008 formulierte Deklaration von Istanbul gegen Organhandel haben circa 80 Länder, viele internationale Transplantationsgesellschaften und der Weltärztebund unterzeichnet.
Verbot des Organhandels gilt für deutsche Staatsbürger auch im Ausland
„Im deutschen Transplantationsgesetz wird in den Paragrafen 17 und 18 Organhandel unter Strafe gestellt und definiert, was unter Organhandel im Sinne des Gesetzes zu verstehen ist“, erläutert der Straf- und Medizinrechtler Hans Lilie von der Universität Halle im Gespräch mit dem Deutschen Ärzteblatt. Lilie ist Vorsitzender der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer. Wer mit einem Organ Handel treibt, ein solches Organ entnimmt, überträgt oder sich übertragen lässt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, heißt es nahezu wörtlich im Gesetz. Die Regelung gilt auch für deutsche Staatsbürger, die eine entsprechende Straftat im Ausland verübt haben.
Ob es eine rechtliche Grundlage für eine Anklageerhebung gibt, prüfen nun also Staatsanwaltschaften. Zu den möglichen Gründen für das Fehlen einer solchen Grundlage gehören Verjährungsfristen. Sie sind im Strafgesetzbuch (StGB) festgelegt. Organhandel wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft. Bei solchen Delikten tritt nach § 78 StGB die Verjährung nach 5 Jahren ein. © nsi/aerzteblatt.de

Schutz und Aufklärung für den Nierenlebendspender ist ein oberstes Gebot
Der Spenderwille kann so gross sein, dass jede Vernunft flöten geht. Es muss möglich sein, einem potentiellen Nierenspender absagen zu können, rein aus persönlichen Schutzgründen für ihn. Ich weiss von solchen Personen, die sich dies im Nachhinein sehr gewünscht hätten. Sie wurden von Anfang an im Stich gelassen, als sie massive Einschränkungen in Beruf und Familie wahrnahmen und sich nicht mehr richtig erholten konnten. Der Nierenspender wird in seiner Niereninsuffizienz (GFR nach MDRD II-III ) nicht als Patient wahrgenommen, wenn er körperliche Probleme hat, die in der Kausalität der Spende stehen. Die Erfahrung zeigt, dass Ignoranz und Unwissenheit gegenüber Nierenlebendspender von vielen Aerzte kaum zu überbieten ist und medizinische Gutachter schreiben zugunsten der Versicherungen.
Meinen Sie die Verteilung der Organe aus der postmortalen Spende? Dann ist dies als eigenes Thema für sich, abgekoppelt von der Lebendspende, zu betrachten und zu diskutieren.
Die Aussage, dass wir zu wenig Organe hätten, kommt allein daher, weil wir mit der Supermedizin nicht mehr wissen, wo es endet. Es ist eben nicht alle machbar. So hart wie es ist, ist es eine Tatsache, dass wenn es ein nierenkranker Patient ist & er auf ein Organ wartet stirbt, er nicht stirbt, weil wir zuwenig Organe haben, sondern weil er krank war. Es kann nicht sein, so wie es von den öffentlichen Medien und Aerzteschaft sugerriert wird, dass wir "Gesunden" spenden müssten, sonst wären wir verantwortlich für den Tod dieser Menschen? Dies wird so nicht direkt vermittelt, doch ist es unterschwellig die Botschaft. Nach meiner Meinung gibt es keine "freiwillige" Lebendspende bzw. Nierenspende ohne Druck.
Um nochmals auf Willi Germunds Strafanzeige zurück zu kommen, möchte ich eine schriftliche Stellungnahme weiter geben bei der nichts hinzu zu fügen ist:
Katrin Alpeter (SPD), Arbeits- und Sozialministerin in Baden-Württemberg schrieb in der Wochenzeitung Kontext am 11.02.2015: „Der junge Afrikaner Raymond hat sich aus purer Not, in der Hoffnung auf ein materiell besseres Leben, auf eine Operation eingelassen, die ihn das Leben kosten kann.“ Und weiter: „Natürlich weiß ich, dass unsere nationalen Gesetze im Kampf gegen den international organisierten Organhandel oft ein stumpfes Schwert sind. Aber trotzdem rechtfertigt dies nicht, diese Gesetze achselzuckend zu ignorieren. Ich stimme denen zu, die den internationalen Organhandel "als eine moderne Form des brutalsten Kolonialismus" bezeichnen. Ich will das deutlich herausstellen: Der internationale Organhandel ist für mich ein eklatanter Verstoß gegen einen fundamentalen ethischen Grundsatz, wonach wir einen anderen Menschen niemals bloß als Mittel zum Zweck ansehen dürfen. Niemand hat das Recht, sich die Not und das Elend anderer Menschen zunutze zu machen!“ .............
Danke für Ihr Lesen, danke für Ihre Zeit.

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