Politik
Psychische Erkrankungen: OECD fordert Politik zum Handeln auf
Donnerstag, 5. März 2015
Den Haag/Berlin – Psychische Probleme sind die Ursache für bis zu 50 Prozent aller neuen Anträge auf Arbeitsunfähigkeit. Sie belasten nicht nur die Betroffenen, sondern auch Arbeitgeber, Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb sollten Akteure in Politik und Wirtschaft neue Wege gehen, um Menschen mit psychischen Erkrankungen in den Arbeitsmarkt einzubinden oder dort zu halten.
Das fordert der aktuelle Report der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) „Fit Mind, Fit Job: From Evidence to Practice in Mental Health and Work“, der die Ergebnisse von neun thematischen Länderberichten zusammenfasst. Untersucht hat die OECD die Länder Australien, Österreich, Belgien, Dänemark, die Niederlande, Norwegen, Schweden, die Schweiz und das Vereinigte Königreich.
Wegen der hohen Prävalenz psychisch Kranker, insbesondere derer mit leichten bis mittelstarken Störungen wie Angststörungen oder Depressionen, seien die Kosten hoch. Zwanzig Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter litten an psychischen Erkrankungen; über das gesamte Leben gesehen mache sogar jeder zweite eine Phase schlechter psychischer Gesundheit durch, so der Bericht. Erst in letzter Zeit registrierten Politik und Gesellschaft zunehmend, welche ökonomischen, beschäftigungspolitischen und sozialen Herausforderungen mit psychischen Erkrankungen einhergingen.
Menschen mit psychischen Problemen litten neben ihren Krankheitssymptomen auch an Ausgrenzung, verlören häufiger ihren Arbeitsplatz, seien häufiger arbeitslos und hätten ein hohes Armutsrisiko, so die OECD. Arbeitgeber müssten mit Produktivitätsverlust und hohen Krankschreibungsraten kämpfen. Die Wirtschaft trage die Kosten in Form erhöhter Sozial- und Gesundheitsausgaben.
Als einen der wichtigsten Faktoren im Kampf gegen psychische Erkrankungen hebt die OECD den Behandlungsbeginn hervor: Je früher mit einer Behandlung begonnen werde, desto besser. Deshalb sollten bereits Lehrer oder Arbeitgeber die Erkrankungen wahrnehmen und die Betroffenen zu einem Arzt schicken. Zwar könne Stress in Ausbildung oder Beruf psychische Probleme verstärken, langfristig könne jedoch ein Verbleib in Schule oder Arbeit – bei der nötigen Unterstützung – die Krankheit positiv beeinflussen.
„Diese Forderung gilt auch für Deutschland. Dabei heißt früh reagieren für mich: Am besten schon präventiv tätig sein“, kommentiert der Vorsitzende des Spitzenverbandes ZNS, Frank Bergmann. „Wenn Lebensumstände oder Arbeitsumfeld auf ein erhöhtes Krankheitsrisiko hindeuten, sind vorbeugende Maßnahmen möglich. Auch früh erkannt lassen sich beispielsweise Depressionen oder Angststörungen gut behandeln. Eine gute Früherkennung gelingt aber nur interdisziplinär. Dafür müssen wir als Psychiater oder Nervenärzten Kooperationen fördern, zum Beispiel mit Hausärzten sowie Arbeitsmedizinern und Betriebsärzten“, so der Vorsitzende des Spitzenverbandes.
© hil/aerzteblatt.de

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