Medizin
Studie: Hoher Cholesterinwert kann vor Typ 2-Diabetes schützen
Mittwoch, 11. März 2015
Amsterdam – Menschen mit einer heterozygoten familiären Hypercholesterinämie, der häufigsten Ursache für erhöhte Cholesterinwerte, erkranken einer Studie im US-amerikanischen Ärzteblatt zufolge (JAMA 2015; 313: 1029-1036) seltener an einem Typ 2-Diabetes. Die Ergebnisse könnten erklären, warum die Behandlung mit Statinen das Diabetesrisiko erhöht.
Einer von 500 Menschen wird mit einem Gendefekt geboren, der lebenslang zu erhöhten Cholesterinwerten führt. In den meisten Fällen liegen dieser familiären Hypercholesterinämie (FH) Mutationen im Gen für den LDL-Rezeptor (LDLR) zugrunde. Selten kann auch eine Mutation im Gen für Apolipoprotein B (APOB) die Ursache sein und noch sehr viel seltener findet sich die Ursache im Gen für die Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ (PCSK9).
In den Niederlanden gibt es seit 1994 ein landesweites Screening-Programm zur FH, an dem bis 2014 insgesamt 63.320 Personen teilgenommen haben. Untersucht werden nicht nur die Patienten, die wegen eines ungewöhnlich hohen Cholesterinwerts aufgefallen sind, sondern auch die Angehörigen. Das Screening soll eine frühzeitige Behandlung mit einem HMG-CoA-Reduktasehemmer, sprich Statin ermöglichen.
Statine sind gut verträgliche Wirkstoffe, doch zu den in den letzten Jahren viel diskutierten Auswirkungen der Therapie gehört ein erhöhtes Risiko auf einen Typ 2-Diabetes. Es ist unklar, worauf diese Nebenwirkung beruht. Eine Theorie geht dahin, dass Statine die Bildung von LDL-Rezeptoren fördern, die dann vermehrt Cholesterin in die Zellen transportieren. Dies könnte die Funktion der Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse stören, deren Dysfunktion (nach längerer Überbeanspruchung aufgrund einer Insulinresistenz) eine Ursache des Typ 2-Diabetes ist.
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Wenn dies zutrifft, dann sollten Menschen mit FH seltener als andere an einem Typ 2-Diabetes erkranken, denn die Gendefekte bei der FH führen dazu, dass weniger Cholesterin in die Zellen gelangt. John Kastelein vom Academisch Medisch Centrum in Amsterdam hat hierzu die Daten aus dem niederländischen Screening-Programm untersucht. Dabei zeigte sich tatsächlich, dass die Prävalenz des Typ 2-Diabetes bei Patienten mit FH niedriger war als bei den Verwandten, bei denen kein Gendefekt nachgewiesen wurde.
Der absolute Unterschied war mit 1,73 Prozent bei Patienten mit FH gegenüber 2,93 Prozent bei den Verwandten ohne FH nicht groß. Die Odds Ratio von 0,62 war bei einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 0,55 bis 0,69 jedoch signifikant. Eine adjustierte Analyse korrigierte die Odds Ratio auf 0,49 (0,41-0,58), was immerhin bedeutet, dass Menschen mit FH ein um 51 Prozent niedrigeres Risiko auf einen Typ 2-Diabetes haben als andere Menschen.
Die Diabetesprävalenz war abhängig vom Ort des Gendefekts: Träger von Mutationen im LDLR-Gen erkrankten nur zu 1,63 Prozent am Typ 2-Diabetes, bei Mutationen im APOB-Gen betrug die Prävalenz 2,42 Prozent. Dies könnte bedeuten, dass ein vermehrter Cholesterintransport in die (Beta)-Zellen hinein einen Typ 2-Diabetes begünstigt. Die Vorteile der Statintherapie werden dadurch jedoch nicht infrage gestellt, wie die beiden Editorialisten David Preiss, und Naveed von der Universität Glasgow betonen. © rme/aerzteblatt.de

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