Medizin
Brustkrebs: Pathologen in der Diagnose häufig unsicher
Mittwoch, 18. März 2015
Seattle – Auch Pathologen können irren. Bei der Begutachtung von Biopsien der weiblichen Brust gab es in einer Studie im amerikanischen Ärzteblatt (JAMA 2015; 313: 1122-1132) vor allem bei der Diagnose von atypischen duktalen Hyperplasien und dem duktalen Carcinoma in situ häufig abweichende Befunde von einer Expertenmeinung. Die Autoren raten im Zweifelsfall eine zweite Meinung einzuholen.
Das Urteil des Pathologen ist ein Eckpfeiler für die Planung jeder Krebstherapie, doch ein Karzinom in einem Gewebeschnitt eindeutig zu erkennen, ist nicht immer einfach. Probleme bereiten häufig die Übergangsstadien, in denen die Struktur des Gewebes verändert ist, aber noch keine eindeutige Krebswucherung erkennbar ist.
In der weiblichen Brust sind dies die atypische duktale Hyperplasie (ADH) und das duktale Carcinoma in situ (DCIS). Bei der ADH sind die vergrößerten Drüsengänge mit veränderten Zellen angefüllt, die aber (noch?) nicht zur Krebszelle mutiert sind. Beim DCIS sind eindeutig Krebszellen erkennbar, die aber noch nicht in die Umgebung der Drüsengänge eingedrungen sind. Bei einer ADH ist keine Therapie notwendig (es wird aber zu einer intensivierten Vorsorge geraten). Das DCIS wird operativ behandelt, wenn auch weniger aggressiv als das invasive Mammakarzinom.
Diese Unterschiede in der Behandlung machen es notwendig, dass die Diagnosen des Pathologen verlässlich sind. Eine Studie von Joann Elmore von der University of Washington in Seattle und Mitarbeiter lässt hieran jedoch Zweifel aufkommen. Die Forscher haben 240 Präparate (Objektträger HE-Färbungen) an 115 Pathologen in acht Staaten verschickt, die vorher in einem Fragebogen angegeben hatten, dass sie mit der Diagnose des Mammakarzinoms vertraut waren.
Die Gewebeproben stammten von 240 Patientinnen. Jeder Pathologe erhielt 60 Objektträger. Die Präparate waren vor dem Versenden von drei Pathologen, internationalen Experten in der Brustkrebsdiagnostik, begutachtet worden. Bereits hier gab es Unstimmigkeiten. Die Experten waren sich nur bei 180 von 240 (75 Prozent) in der Diagnose einig. In den anderen Fällen wurde erst nach einer Delphi-Befragung ein Konsens erzielt.
Die Schwierigkeiten hingen mit der Auswahl der Biopsien zusammen: ADH mit 72 Fällen und DCIS mit 73 Fällen waren Überrepräsentiert, weil Elmore wusste, dass es hier am ehesten zu Schwierigkeiten kommt. Daneben gab es 23 invasive Karzinome und 72 benigne Gewebeproben ohne Atypie. Diese beiden Kategorien wurden auch von den 115 Pathologen in der Regel erkannt. Das Karzinom wurde nur in 4 Prozent nicht erkannt, was eine verspätete Therapie zur Folge haben kann. Ein Normalbefund wurde in 13 Prozent der Fälle überinterpretiert. Diesen Frauen würde unnötigerweise zu einer intensivierten Brustkrebsvorsorge geraten.
Am schwersten fiel den Pathologen die Diagnose der ADH: Hier kam es in 17 Prozent der Fälle zu einer Überinterpretation. Diesen Frauen würde unnötigerweise zu einer Operation geraten. In weiteren 35 Prozent erkannten die Pathologen die ADH nicht. Diesen Frauen würde dann nicht zu einer intensivierten Brustkrebsvorsorge geraten, was eine verspätete Brustkrebsdiagnose zur Folge haben könnte.
Auch die Erkennung eines DCIS bereitete Schwierigkeiten. In 13 Prozent wurde diese Diagnose übersehen, was – nach dem weiteren Fortschreiten des Tumors – zu einer verspäteten Therapie führen könnte. In 3 Prozent stellten die Pathologen die Diagnose eines invasiven Karzinoms, was eine Überbehandlung zur Folge hat.
Die Editorialisten Nancy Davidson vom Pittsburgh Cancer Institute und David Rimm von der Yale University School of Medicine sehen aufgrund der Studie einen Handlungsbedarf. Sie raten den Pathologen in unklaren Fällen, eine zweite Meinung hinzuziehen. Die Qualität der pathologischen Begutachtung sei jedoch besser als die Zahlen vermuten lassen.
Zum einen waren die Grenzbefunde ADH und DCIS überrepräsentiert, zum anderen fehlte den Pathologen die Möglichkeit, im Zweifelsfall einen weiteren Gewebeschnitt anzufertigen. Sie konnten sich auch nicht mit Kollegen austauschen. Auf der anderen Seite standen sie jedoch nicht unter Zeitdruck, was ein Vorteil gegenüber der täglichen Routine sein könnte. © rme/aerzteblatt.de

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