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Politik

Gröhe legt 10-Punkte-Plan zur Bekämpfung resistenter Keime vor

Montag, 23. März 2015

dpa

Berlin – Im Kampf gegen multiresistente Erreger hat Bundesgesundheitsminister Her­mann Gröhe (CDU) heute einen 10-Punkte-Plan vorgelegt. Die neuen Meldepflichten sollen noch vor der Sommerpause im Bundesrat abgestimmt werden, sagte Gröhe am Montag in Berlin. Jeder nachgewiesene Erreger müsse künftig gemeldet werden. In Deutschland sterben pro Jahr zwischen 10 000 und 15 000 Menschen in den Kliniken, weil sie sich dort mit multiresistenten Keimen infiziert haben. „Das darf in unserem Land nicht sein”, fügte Gröhe hinzu. Das Problem müsse auf allen Ebenen der Kliniken angegangen werden.

„Resistente Bakterien sind als Erreger nosokomialer Infektionen besonders gefährlich, da für eine Therapie nur noch wenige, gegebenenfalls auch keine Antibiotika mehr zur Verfügung stehen“, heißt es in dem Plan, der noch mit den anderen Ressorts abge­stimmt werden muss. Dabei würden die Themen Hygiene, Qualitätssicherung und Transparenz im Bereich behand­lungsassoziierte Infektionen noch immer nicht mit der nötigen Priorität angegangen. Folgende Neuerungen sollen dies ändern.

  • Schon heute sind die Krankenhäuser verpflichtet, den Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) folgend Risikopatienten bei der Aufnahme ins Krankenhaus auf multiresistente Erreger zu untersuchen und sie bis zum Ausschluss einer Besiedelung zu isolieren. „Diese Vorgaben müssen durch die Krankenhäuser noch konsequenter umgesetzt werden“, heißt es in dem 10-Punkte-Plan. Den Bundesländern wird daher vorgeschlagen, dass das Robert Koch-Institut die regionalen Netzwerke aus Gesundheitsämtern, Ärzten und Krankenhäusern zur Bekämpfung der Antibiotika-Resistenzen unterstützt. Darüber hinaus soll eine Pflicht zur Durchführung ambulanter Screenings vor planbaren Krankenhausaufenthalten weiter geprüft werden.
  • Bund und Länder sollen verabreden, durch welche Maßnahmen die Kranken­häuser den Erhalt und den Ausbau des Hygienepersonals sicherstellen können. Derzeit, heißt es in dem Plan, werden die Krankenhäuser mit einem Hygiene-Förderprogramm in Höhe von 365 Millionen Euro dabei unterstützt, bis 2016 notwendiges Hygienepersonal einzustellen sowie Ärzte und Pflegekräfte auf dem Gebiet der Krankenhaushygiene weiterzubilden.
  • Die Krankenhäuser sollen verpflichtet werden, ihre Qualitätsberichte durch einen Zusatzteil mit verständlichen Patienteninformationen zu den Hygienestandards im Krankenhaus zu ergänzen.
  • Die Meldepflichten sollen verschärft werden: Mit der Änderung der Meldepflichtverordnung müssen gefährliche resistente Erreger, wie zum Beispiel multiresistente gram-negative Erreger (4MRGN) und Clostridium difficile, künftig bereits beim ersten Nachweis des Erregers gemeldet werden.
  • Das Gesundheitsministerium will eine verpflichtende Fortbildung von medizinischem Personal im Bereich der rationalen Antibiotika-Therapie im ambulanten und stationären Bereich einführen.
  • Über einen Zeitraum von drei Jahren sollen verstärkt Forschungsvorhaben zu den Themen nosokomiale Infektionen und Antibiotika-Resistenz gefördert werden. In diesem Zusammenhang soll eine gemeinsame „Task Force Antibiotikaforschung“ im Gesundheits- und im Forschungsministerium eingerichtet werden.
  • Die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie (DART) soll bis zum Sommer 2015 aktualisiert werden. Ziel ist es, das Auftreten von Antibiotika-Resistenzen und den Antibiotika-Verbrauch sowohl in der Human- als auch der Tiermedizin und der Landwirtschaft stärker zu überwachen und weitere Maßnahmen zur die Vorbeugung und Bekämpfung von Resistenzen zu unternehmen.
  • Im Rahmen des Pharmadialogs der Bundesregierung sollen Hindernisse in der Forschung und Entwicklung neuer Antibiotika identifizieren werden. Gemeinsam mit der Wissenschaft und der pharmazeutischen Industrie sollen Lösungen erarbeitet werden, wie der Bedarf an neuen Wirkstoffen künftig gedeckt werden kann.
  • Die WHO erstellt bis Mai 2015 einen Globalen Aktionsplan zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen. „Mit den Erfahrungen aus der Deutschen Antibiotika-Resistenzstrategie leistet Deutschland einen wichtigen Beitrag bei der Ausarbeitung und Umsetzung des Globalen Aktionsplans“, heißt es in den 10 Punkten. In den kommenden fünf Jahren will Deutschland Partnerländer dabei unterstützen, Nationale Strategien zur Bekämpfung von Antibiotika-Resistenzen zu entwickeln und umzusetzen.
  • Deutschland will im Rahmen seiner G7-Präsidentschaft gemeinsam mit seinen Partnern konkrete Maßnahmen beschließen, um die Bekämpfung resistenter Krankheitserreger voranzubringen. Dabei wird es auch darum gehen, Instrumente zur Entwicklung neuer Antibiotika, diagnostischer Testmethoden und alternativer Behandlungen voranbringen.

Bundesärztekammer fordert mehr Lehrstühle für Hygiene
„Es ist gut, dass Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die Bemühungen der Ärzteschaft um gute Krankenhaushygiene gesetzlich unterstützen will“, kommentierte der Präsident der Bundesärztekammer, Frank Ulrich Montgomery, die Pläne. „Die in seinem Zehn-Punkte-Plan aufgelisteten Maßnahmen sind ehrgeizig. Es fehlen aber tragfähige Vorschläge für eine solide Finanzierung.“ Diese müssten mindestens zeitgleich mit den Strukturvorschlägen des Ministers verabschiedet werden, sonst bliebe alles nur bloße Willenserklärung ohne Chance auf eine vernünftige Umsetzung.

Um künftig ausreichend Ärzte ausbilden zu können, müssten Bund und Länder nun den Ausbau von Lehrstühlen und Instituten fördern, damit ausreichend in Krankenhaus­hygiene qualifizierte Fachärzte für Hygiene und Umweltmedizin sowie für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie zur Verfügung stehen.

Krankenhausgesellschaft: Verfügbarkeit von Hygienepersonal auf dem Arbeitsmarkt ist problematisch
Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) lobte die Initiative des Ministers: „Die Krankenhäuser begrüßen, dass sich die Bundesregierung der Problematik intensiv an­nimmt und damit anerkennt, dass die Infektionsprophylaxe das Gesundheitswesen als Ganzes betrifft und nicht von den Krankenhäusern alleine gelöst werden kann“, erklärte der Hauptgeschäftsführer der DKG, Georg Baum.  

Nach wie vor problematisch sei allerdings die Verfügbarkeit von Hygienepersonal auf dem Arbeitsmarkt. „Hier wäre wichtig, die Instrumente des Personalförderprogramms nach zu justieren, insbesondere dieses Programm zu verlängern und darauf hinzuwirken, dass die Krankenkassen den Krankenhäusern die Bewilligung von Fördermitteln weniger restriktiv gewähren“, meinte Baum. „Ebenso notwendig wäre ein Investitions­förder­programm, das gezielt baulich-räumliche und medizin-technische Ausstattungen zur Infektionsprophylaxe fördert.“ © fos/aerzteblatt.de

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