Politik
Eugen Münch: Den Hausarzt vor Ort wird es in Zukunft nicht mehr geben
Montag, 30. März 2015
Köln – Für die einen ist er derjenige, der die „Durchökonomisierung“ des Gesundheitswesens in entscheidender Weise mit vorangetrieben hat, für die anderen ist er ein mutiger Vordenker im Medizinbetrieb. Eugen Münch, Aufsichtsratsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG hatte beim Gesundheitskongress des Westens, der am 25. und 26. März in Köln stattfand, einen seiner seltenen öffentlichen Auftritte. Bei der Auftaktveranstaltung zum Thema „Gute Medizin – eine Frage des Geldes?“ entwickelte er ein Zukunftsszenario, das zwar nicht jedem gefallen, aber auf jeden Fall für Diskussionen sorgen wird.
Im Prinzip sei es richtig, dass gute Qualität auch eine Frage des Geldes sei, betonte Münch, es bestehe allerdings kein zwingender Zusammenhang – die Bewegungskraft des Geldes sei sehr groß, allerdings auch in negativer Richtung. Grundsätzlich müsse man davon ausgehen, dass mit zunehmendem Durchschnittsalter auch die Höhe der abgeforderten Leistungen zunehme. Dazu werde mehr Geld benötigt. „Fließt das nicht, bedeutet das Rationierung“, lautet die Schlussfolgerung für Münch. „Wird diese nicht gesteuert, greift das Windhundprinzip – hierbei sind die Gesünderen, die Schnelleren immer die ersten.“ Eine gesteuerte Rationierung, meint Münch, könne sich aber in einer Demokratie keine politische Führung erlauben, sie würde bei der nächsten Wahl abgewählt.
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Um diesem Dilemma zu entgehen, schlägt Münch einen dritten Weg vor. Für ihn ist es an der Zeit, grundsätzlich die vorgegebenen Strukturen der gesundheitlichen Versorgung zu überdenken. Er sieht eine Verschwendung von Ressourcen darin, dass heute noch das wohnortnahe „Vorhandensein eines Kundigen“ – sei es in Form der ärztlichen Praxis oder des Krankenhauses – nicht hinterfragt werde. „Das Kriterium der Anwesenheit der Medizin ist gesetzt“, stellt Münch fest. Diese Falschprogrammierung präge heute die Medizin. Zwar sei es wünschenswert, vor Ort den Hausarzt zu haben, aber den werde es in Zukunft nicht mehr geben. „Wenn wir dieses Problem nicht überwinden, zahlt die spätere Generation die Zeche.“
Münchs Lösungsvorschlag: Ausbau und Konzentration diagnostischer Zentren. Dies versuche er aktuell in einem Krankenhaus der Rhön-Klinikum AG in Bad Neustadt umzusetzen. Das Geld aus dem Verkauf des Großteils seiner Klinikkette diene ihm hier als Basis für das neue Projekt. Angeboten werden sollen Diagnoseleistungen auf höchstem Niveau, extrem leistungsstarke Computertomographen sollen einen Ganzkörperscan mit sämtlichen verfügbaren Gesundheitsdaten liefern. In der Region werde dies den Hausarzt vor Ort überflüssig machen.
„Es wird den Dr. Siri geben, und der wird künftig das Anamnese-Gespräch führen.“ Die Telemedizin ermögliche die Überwachung über die Distanz hinweg, vor Ort reiche eine medizinische Fachkraft wie ehedem Schwester Agnes in der DDR. © TG/aerzteblatt.de

Eine Fortschreibung der Laboruntersuchungskultur,

"Und wenn der letzte Hausarzt gegangen ist,
Eugen Münch macht sich seine Medizin-bildungsfernen und Versorgungswissenschafts-fremden Visionen einfach. Er folgt dem betriebswirtschaftlich so beliebten PARETO-Prinzip, nach dem nur 20% Aufwand genügen, um 80% der gesteckten Ziele zu erreichen. Denn die Erledigung der restlichen 20% an liegengebliebenen Versorgungsaufgaben erfordert nun mal den ungeliebten und von E. Münch gescheuten "Rest" von 80% Aufwand zu betreiben.
Und diesen Rest sollen nach Münch'scher Vorstellung und Diktion gefälligst die Hausärztinnen und Hausärzte unter dem "Honorardeckel" erledigen:
Lotsendienste und Koordination mit Versorgungsqualität. Anamnese, Untersuchung, Diagnose und Differenzialdiagnose, differenzierte Therapie, Palliation. Hausbesuche, "sprechende Medizin" mit Präsenz in der Praxis von morgens bis abends, Telefon- und Sondersprechstunde, Teamdiskussion, Wund-, Reanimations- und Notfallversorgung, anerkannte Qualitätssicherung nach TÜV, KPQ und QM, psychosomatische Grundversorgung. Zertifizierte und evaluierte Fortbildungspflicht von 250 Punkten in 2 Jahren (4 Punkte für 2,5 Stunden interaktives Lernen), Arztbriefe, Arztberichte, Telefonate mit Kliniken und Fachärzten, stufendiagnostisch gezielte Überweisungsaufträge an Labormedizin und Radiologie. Krankenaktenführung, EDV-Dokumentation, ICD-10-Verschlüsselungen, Gutachten, REHA- und Kurpläne, Versorgungsamtsberichte, KV-Schriftverkehr und Krankenkassenanfragen, die selten qualitätsgesichert sind. Kostengünstige Verordnung von gesetzlich zugelassenen, indizierten Medikamenten, zumeist in prospektiven Studien doppelblind geprüft und evaluiert. Qualifizierte, evidenzbasierte Anamnese, Untersuchung, Diagnostik und Therapie im präventiven, kurativen und palliativen Bereich. Außerdem noch Alltagskompetenz, gesunden Menschenverstand mit dem Vielen abhanden gekommenen Blick für das Mach- und Vertretbare.
Mit anderen Worten: HELFEN, HEILEN, LINDERN, VORSORGEN!
Alles andere erledigt Eugen Münch, Aufsichtsratsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG?
Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Nur Hausärzte und mutige Politiker können das System retten
Wer aber ernsthaft behauptet, mit Ganzkörperscans Hausärzte ersetzen zu können, der will möglichst gesunde Patienten verängstigen und abzocken. Eine wichtige Aufgabe der Hausärzte ist es ja gerade, als sog. quartäre Prävention die Patienten vor Übertherapie und Überdiagnostik zu schützen. Herr Münch rechnet natürlich damit, dass Krankenschwestern ihm in seinem Gewinnmaximierungsbestreben keinen Widerstand entgegensetzen können.
Aber er hat natürlich durchaus recht - wenn es in Zukunft keine ausreichende Zahl von Hausärzten mehr geben sollte, dann kann sich jeder Angstmacher hemmungslos austoben.
Denn so lange deutsche Politiker nicht öffentlich zu einer Priorisierung (von Rationierung ist ja keine Rede) stehen, hat das solidarische Gesundheitswesen keine Chance. Alle anderen Industrieländer tun dies längst. Auch hier liegt Herr Münch komplett falsch. Aber er hat ja auch (nur) ökonomische Motive.

Münchs Lösungsvorschlag:

Wat'n Sch...ß!
So etwas ist eine Beleidigung für jeden denkenden Menschen, eine Zumutung für jeden Arzt, und höchstwahrscheinlich auch ökonomisch eine Nullnummer.

Neues vom Müller
Herr Merz wär besser Müller geblieben. .....
Größenwahn kommt Anscheinend immer mehr in Mode - wenn es entsprechenden Profit verspricht.

Sehr richtig
Ich wünsche viel Erfolg bei dem Projekt.

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