Medizin
EMA: Grünes Licht für neuen Cholesterinsenker
Montag, 25. Mai 2015
London – Patienten mit erhöhten Cholesterinwerten, die unter der Therapie mit Statinen keine ausreichende Wirkung erzielen oder die Tabletten nicht vertragen, dürfen demnächst mit dem Antikörper Evolocumab behandelt werden, der alle zwei oder vier Wochen subkutan injiziert wird. Der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der europäischen Arzneimittel-Agentur EMA hat die Zulassung des neuartigen Cholesterinsenkers empfohlen, dem ersten Vertreter einer neuen Wirkstoffgruppe der PCSK9-Antikörper. Weitere dürften folgen.
Der Antikörper Evolocumab hemmt den Abbau des LDL-Rezeptors in der Leberzelle durch das Enzym Proproteinkonvertase Subtilisin/Kexin Typ 9, kurz PCSK9. Dadurch steigt die Zahl der LDL-Rezeptoren auf der Membran der Leberzelle, und es wird mehr Cholesterin aus dem Blut in die Leber verfrachtet. Der Wirkstoff imitiert einen Gendefekt, der eine Minderheit von Afroamerikanern weitgehend vor einer koronaren Herzkrankheit schützt, ohne erkennbare negative Folgen für ihre Gesundheit.
Mehrere Firmen haben in den letzten Jahren Antikörper gegen PCSK9 entwickelt, die aufgrund ihres von den Statinen abweichenden Wirkungsmechanismus auch bei einer „Statin-Resistenz" wirksam sind oder die Wirkung der Statine verstärken können. Der Hersteller Amgen konnte als erster die klinische Prüfung abschließen. Die Ergebnisse aus neun Studien mit 5.500 Patienten haben den CHMP von der Effektivität und der Sicherheit von Evolocumab überzeugt. Die US-amerikanische FDA dürfte ihre Entscheidung nach einer Beratertagung im Juni fällen.
Der Einsatz soll zunächst auf Patienten beschränkt bleiben, die mit einem Statin keine ausreichende Senkung des Cholesterinspiegels erreichen. Evolocumab soll bei ihnen mit einem Statin kombiniert werden. Eine Monotherapie (oder eine Kombination mit anderen Lipidsenkern) ist bei Patienten erlaubt, die Statine nicht vertragen. Ein weiteres Einsatzgebiet ist die homozygote familiäre Hypercholesterinämie. Patienten mit dieser Erbkrankheit haben aufgrund eines genetischen Defekts massiv erhöhte Cholesterinwerte.
Dass die Statine weiter das bevorzugte Mittel bleiben, resultiert aus dem Umstand, dass für Evolocumab derzeit noch keine ausreichenden Langzeitdaten zum Einfluss auf das Herzinfarkt-Risiko vorliegen, wie dies für Statine der Fall ist. Die Hersteller haben aber mit entsprechenden Studien begonnen. Sie hoffen, dass der Einfluss größer ist als bei den Statinen. Neben Amgen haben Pfizer (Bococizumab) und Aventis/Regeneron (Alirocumab) PCSK9-Inhibitoren in der klinischen Entwicklung.
Die Empfehlung des CHMP ist für die Europäische Kommission nicht bindend. In der Regel wird sie jedoch innerhalb weniger Monate umgesetzt, so dass Evolocumab (als Repatha) noch in diesem Jahr eingeführt werden dürfte.
© rme/aerzteblatt.de

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