Politik
GKV-Versorgungsstärkungsgesetz im Bundestag verabschiedet
Donnerstag, 11. Juni 2015
Berlin – Der Deutsche Bundestag hat heute das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz (VSG) verabschiedet. Damit wurde so geräuschlos wie selten ein Reformvorhaben für das Gesundheitswesen auf den Weg gebracht. Die in der Gesundheitspolitik sehr diszipliniert agierende schwarz-rote Koalition blieb auch bei den Änderungen auf Linie, die zuletzt noch am Entwurf vereinbart wurden: Fast 60 Anträge, bereits im Juni konsentiert, wurden gestern im Gesundheitsausschuss mit der Mehrheit der Koalitionsparteien abgesegnet. Nur wenige Anpassungen im Detail wurden noch vorgenommen.
„Wir haben eine gute medizinische Versorgung in Deutschland, aber wir müssen jetzt handeln, damit das auch in Zukunft so bleibt“, erklärte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) anlässlich der abschließenden Lesung des VSG. Dies erfordere eine gute Verteilung der Ärzte. Auch ermögliche man es den Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen), überall durch Zuschüsse Anreize für eine Niederlassung zu schaffen. „Terminservicestellen helfen gesetzlich Versicherten, wenn es beim Facharzttermin einmal hakt“, ergänzte Gröhe. „Ziel ist, dass jeder, der eine medizinische Versorgung braucht, diese innerhalb der nächsten vier Wochen erhält.“
Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) lobte am VSG die erstmalige Ausweitung der Weiterbildungsförderung auf den fachärztlichen ambulanten Bereich. Vorgesehen ist diese für maximal 1.000 Stellen. Das von der KBV vorgeschlagene Modell einer Stiftung zur Förderung der ambulanten Weiterbildung von Haus- und Fachärzten sei perspektivisch in das VSG aufgenommen worden, so KBV-Vorstand Regina Feldmann.
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Die wichtigsten Regelungen im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz Seite 1
- Die KVen müssen Terminservicestellen einrichten, um Versicherten in begründeten Fällen rascher als bisher Facharzttermine zu vermitteln – und ab 2017 Psychotherapeutentermine.
- In der Vertreterversammlung der KBV sollen künftig über ausschließlich hausärztliche Belange nur Vertreter der Hausärzte abstimmen und umgekehrt nur Fachärzte über ihre Belange. Für die KVen gilt diese Regelung nicht.
- Ein Zulassungsausschuss soll es ablehnen (bislang: „kann“), ein Nachbesetzungsverfahren zu eröffnen, wenn ein Bezirk zu 40 Prozent überversorgt ist. Dies geht nur mit Zustimmung der KV. Ausnahmen sind vorgesehen.
- Der Bestandsschutz für Krankenhäuser, die nach der alten Regelung im § 116 b SGB V (Stichtag: 31.12.2011) zur ambulanten Versorgung zugelassen waren, soll auslaufen.
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Die wichtigsten Regelungen im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz Seite 2
- Arztgruppengleiche Medizinische Versorgungszentren (MVZ) werden erlaubt. Kommunen können ebenfalls MVZ gründen.
- Das Entlassmanagement soll verbessert werden. Dazu werden die Befugnisse der Krankenhäuser erweitert (Beispiel: Attestierung von Arbeitsunfähigkeit) und die Krankenkassen zu mehr Engagement verpflichtet.
- Die Allgemeinmedizin wird stärker gefördert: Statt 5 000 sollen 7 500 Weiterbildungsstellen finanziert und im ambulanten Bereich sowie im Krankenhaus bezahlt werden. Nach diesem Vorbild sollen auch bis zu 1 000 Weiterbildungsstellen im Bereich der grundversorgenden Fachärzte gefördert werden.
- Hochschulambulanzen können sich stärker an der ambulanten Versorgung beteiligen.
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Die wichtigsten Regelungen im GKV-Versorgungsstärkungsgesetz Seite 3
- Für anerkannte Praxisnetze müssen die KVen gesonderte Vergütungsregelungen innerhalb der morbiditätsorientierten Gesamtvergütung vorsehen. Es ist auch möglich, Netze aus den Strukturfonds zu fördern.
- Die Vorgaben zur integrierten Versorgung (§ 140 alt SGB V) sowie zur besonderen ambulanten Versorgung (§ 73 c) werden zusammengefasst („Besondere Versorgung“, § 140). Beteiligen können sich auch KVen. Die Wirtschaftlichkeit solcher Verträge ist erst nach vier Jahren nachzuweisen.
- Beim Gemeinsamen Bundesausschuss wird ein Innovationsfonds zur Förderung sektorenübergreifender Versorgungsformen und für die Versorgungsforschung geschaffen. Anträge sind allen erlaubt.
- Versicherte haben das Recht, sich vor „mengenanfälligen planbaren Eingriffen“ eine unabhängige ärztliche Zweitmeinung einzuholen. /Rie
Viele weitere Vorgaben im Gesetz sieht der KBV-Vorstand jedoch kritisch, so den Aufkauf von Arztpraxen oder die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung. „Außerdem lehnen wir weiterhin die Terminservicestellen ab, die zu keinerlei Verbesserung der Versorgung führen werden“, stellte der KBV-Vorstandsvorsitzende Andreas Gassen klar. Sie seien „ein rein populistisches Instrument der Politik, um Wählerstimmen abzugreifen“. Grundsätzlich sei zu begrüßen, „dass die Grenze bei der Aufkaufregelung von 110 auf 140 Prozent angehoben wurde, wenngleich die Zahl 140 genauso falsch ist wie die Zahl 110“.
Auf einen positiven Aspekt des VSG für Psychotherapeuten hat anlässlich der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) hingewiesen. Durch Jobsharing könnten sie demnächst mehr Behandlungsstunden anbieten. „Dies ist für unsere jungen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die Familie und Beruf miteinander in Einklang bringen müssen, und für unsere erfahrenen Kolleginnen und Kollegen, die Supervision und Selbsterfahrung im Rahmen der Psychotherapieausbildung anbieten, ein großer Fortschritt“, betonte BPtK-Präsident Dietrich Munz. Bisher durfte bei einem Jobsharing auf einem Praxissitz der Umfang der Behandlungsstunden nicht wesentlich höher sein als vorher. Nun sollen es mehr Stunden werden dürfen. Details muss aber der Gemeinsame Bundesausschuss noch festlegen. © Rie/aerzteblatt.de

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