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Medizin

Herzstillstand: Mehr Re-Animationen durch „SMS-Lebensretter“

Freitag, 12. Juni 2015

dpa

Stockholm – Entgegen pessimistischen Ansichten kann eine Reanimation durch Laien Menschenleben retten. In Schweden überleben laut einer Studie im New England Journal of Medicine (NEJM 2015; 372: 2307-2315) doppelt so viele Menschen, wenn Laien vor Eintreffen des Notarztes einen Wiederbelebungsversuch unternommen haben. Die Notrufzentrale der Hauptstadt hat begonnen, neben dem Notarzt auch einen „SMS-Le­bens­retter“ zu alarmieren, mit Erfolg, wie eine weitere Untersuchung zeigt (NEJM 2015; 372:2316-2325).

„SMS livräddare“, zu deutsch SMS-Lebensretter heißt das Projekt, an dem sich bereits 10.000 Stockholmer Bürger beteiligen. Sie waren nach dem Abschluss eines Erste-Hilfe-Kurses gefragt worden, ob sie im Notfall fremde Menschen reanimieren würden, was sie ja gerade gelernt hatten, und ob sie zu diesem Zweck per SMS alarmiert werden möchten.

Wer einverstanden war, musste der Notrufzentrale nur seine Handynummer übergeben und ihr erlauben, den Aufenthaltsort per GPS zu ermitteln. Wenn jetzt ein Notruf in der Zentrale eintrifft, schickt der Dispatcher nicht nur den Notarztwagen los. Der Computer ermittelt außerdem, ob sich ein SMS-Lebensretter im Umkreis von 500 Metern vom Patienten aufhält. Ist dies der Fall, erhält der Lebensretter eine SMS mit dem Aufenthaltsort des Patienten und der Bitte, lebensrettende Maßnahmen durchzuführen.

Wie das Team um Leif Svensson vom Karolinska Institut in Stockholm berichtet, wurde das System zwischen April 2012 und Dezember 2013 insgesamt 1.808 Mal aktiviert. Im Rahmen der Studie wurde jedoch nur in der Hälfte der Fälle eine SMS abgeschickt. Wie sich herausstellte, hatten längst nicht alle Patienten einen Herzstillstand erlitten und nur bei 667 Patienten führten die Notärzte eine Reanimation durch.

In der Kontrollgruppe waren vor Eintreffen des Notarztes 172 von 361 Patienten von einem Laien reanimiert worden. Dies entspricht einem Anteil von 48 Prozent. Im Interventionsarm der Studie, in der SMS verschickt wurden, waren 188 von 306 Patienten mit Herzstillstand vor Eintreffen des Notarztes von einem Laien reanimiert worden, was einem Anteil von 62 Prozent entspricht. Der Unterschied von 14 Prozent­punkten war signifikant und für Svensson steht fest, dass die SMS-Lebensretter sich über ihr Handy zur Reanimation motivieren lassen. Ob das Projekt auch die Überle­benschancen der Patienten verbessert, konnte Svensson aufgrund der geringen Fallzahl nicht feststellen.

Notfallmedizin: Ersthelfer-Alarmierung per Smartphone

Im nordrhein-westfälischen Kreis Gütersloh steht für Patienten mit Herz-Kreislauf-Stillstand zur Einleitung von Rettungsmaßnahmen ein Pool aus qualifizierten Ersthelfern zur Verfügung, die per App aktiviert werden. In Deutschland erleiden jährlich etwa 75 000 Personen außerklinisch einen Herz-Kreislauf-Stillstand (1).

Sein Kollege Johan Herlitz hat zu dieser Frage die Daten des Swedish Cardiac Arrest Registry ausgewertet, das Daten zu 90 Prozent aller Patienten gesammelt hat, die außerhalb von Kliniken einen Herzstillstand erlitten haben. Die Analyse umfasst 30.381 Patienten, von denen wiederum die Hälfte (51,1 Prozent) vor Eintreffen des Notarztes von Laien reanimiert wurden (übrigens ein im internationalen Vergleich sehr hoher Anteil). Von den Patienten, die von Laien reanimiert wurden, waren nach 30 Tagen noch 10,5 Prozent am Leben. Von den Patienten, die nicht von Laien reanimiert wurden, überlebten nur 4,0 Prozent.

Die Laien-Reanimation hat damit die Chance, einen Herzstillstand außerhalb einer Klinik zu überleben, mehr als verdoppelt. In einer Propensity-Analyse – sie berücksichtigte eine ganze Reihe von Begleitumständen, die das Ergebnis verfälschen könnten – ermittelt Herlitz eine Odds Ratio von 2,15, die mit einem 95-Prozent-Konfidenzintervall von 1,88 bis 2,45 signifikant war. Dieser Vorteil der Laien-Reanimation bestand, obwohl sie den Beginn der Reanimation durch den Notarzt (aus nicht bekannten Gründen) hinaus­gezögert hatte. Für die Editorialisten Comilla Sasson und David Magid von der University of Colorado sollten die Ergebnisse eine Motivation sein, die Laien-Reanimation zu fördern. © rme/aerzteblatt.de

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