Medizin
Intermittierendes Fasten hält jung und gesund
Freitag, 19. Juni 2015
Los Angeles – Intermittierendes Fasten hat in einer experimentellen Studie in Cell Metabolism (2015; doi: 10.1016/j.cmet.2015.05.012) die Lebenszeit von Hefezellen verlängert und das Altern von Mäusen hinausgezögert. Eine erste Pilotstudie ergab, dass auch Menschen von einem regelmäßigen weitgehenden Nahrungsverzicht profitieren können.
Eine extreme Kalorienrestriktion kann das Leben einfacher Organismen deutlich verlängern. Auch bei Tieren konnte ein Effekt gezeigt werden. Bei Menschenaffen waren die Ergebnisse umstritten, und Menschen sind in der Regel nicht für eine permanente Restriktionsdiät zu begeistern. Ein lebenslanges Hungern ist möglicherweise gar nicht erforderlich. Regelmäßige Fastentage könnten eine ähnliche Wirkung erzielen, wie die Forschungsergebnisse von Valter Longo, dem Direktor des „Longevity Institute“ an der Universität von Südkalifornien in Los Angeles zeigen.
Der Forscher hat die Auswirkungen des intermittierenden Fastens zunächst an der Bäckerhefe S. cerevisiae untersucht. Die Zellkulturen wurden abwechselnd für zwei Tage in Nährstofflösung oder Wasser kultiviert, was die Lebenszeit der Zellen verlängerte und ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber Sauerstoffperoxiden deutlich erhöhte. Darauf folgten Versuche an Mäusen, die alle zwei Monate für vier Tage auf eine „fasting mimicking diet“ (FMD) gesetzt wurden: Am ersten Tag wurde die Kalorienzufuhr um 50 Prozent, an den drei folgenden Tagen um 90 Prozent vermindert.
Die Tiere verloren während des Fastens 15 Prozent ihres Körpergewichts, der Blutzuckerspiegel sank um 40 Prozent und die Ketonkörper stiegen um das 9-Fache an. Die Werte von Insulin und IGF-1 sanken ebenfalls. IGFBP-1, das IGF-1 hemmt, stieg bis zum Ende des FMD-Regimes um den Faktor 8. Niere, Leber und Herz der Tiere verkleinerten sich während des Fastens.
Da die Tiere nach den Fastentagen keinen Einschränkungen ausgesetzt waren, wurden die Ausgangswerte bald wieder erreicht. Dennoch hatte das intermittierende Fasten günstige Auswirkungen auf die Gesundheit. Die Tiere, die von Natur aus anfällig für Leukämien und Lymphome sind, erkrankten im Verlauf ihres Lebens zu 45 Prozent seltener an Krebs, was vermutlich der wichtigste Grund für die Verlängerung der Lebenserwartung war.
Das intermittierende Fasten zögerte die Immunsenseszenz hinaus: Die Zahl der hämatopoetischen Stammzellen, aus denen sich die Zellen des Abwehrsystems regenerieren, verfünffachte sich. Die wiederkehrende FMD machte die Mäuse auch geistig fitter: Die Tiere erzielten in zwei Tests bessere Ergebnisse als die Kontrollgruppe, was Longo auf eine erhöhte Plastizität der Nervenzellen im Hippocampus zurückführte, die er bei den Versuchstieren nachweisen konnte.
In einer ersten Pilotstudie erprobten dann 19 gesunde Probanden die FMD. An jeweils fünf Tagen eines Monats wurde die Kalorienzufuhr von den in den USA üblichen 2.000 bis 3.000 Kilokalorien am ersten Tag auf 1.090 vermindert (10 Prozent Eiweiß, 56 Prozent Fett, 34 Prozent Kohlenhydrate). An den Tagen 2 bis 5 mussten die Teilnehmer mit 725 Kilokalorien (9 Prozent Protein, 44 Prozent Fett, 47 Prozent Kohlenhydrate) auskommen. Dies führte jeweils zu einem Rückgang des Nüchternblutzuckers um 11,3 Prozent. Die Ketonkörper stiegen um den Faktor 3,7 an, die IGF-1-Werte sanken um 24 Prozent, der IGFBP-1 stieg um 50 Prozent an.
Anders als bei den Mäusen wurden die Ausgangswerte während der Phasen einer normalen Kost nicht bei allen Parametern erreicht. Der Nüchternblutzucker blieb um 5,9 Prozent unter dem Ausgangswert. IGF-1 blieb um 15 Prozent vermindert. Ketonkörper und IGFBP-1 normalisierten sich. Ob sich diese Veränderungen langfristig günstig auf die Gesundheit auswirken, konnten Longo nach dem Abschluss der insgesamt dreimonatigen Studie nicht untersuchen.
Ein erster Hinweis könnte ein Rückgang des C-reaktiven Proteins sein, zu dem es bei einigen Probanden kam, die zu Beginn der Studie erhöhte Werte hatten. Auch einen leichten Anstieg der Stammzellen des Immunsystems im Blut will Longo nachgewiesen haben. Das Körpergewicht sank nach den FMD-Phasen, stieg danach aber wieder an. Am Ende hatten die Probanden etwa 3 Prozent des Körpergewichts verloren, wobei sich der Rückgang allerdings auf das Fettgewebe im Bauchbereich konzentrierte, das besonders ungünstige Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System hat.
Longo hat inzwischen eine weitere randomisierte Studie mit 70 Teilnehmern begonnen, die demnächst abgeschlossen sein soll. Den meisten Menschen würde er – abhängig von Bauchumfang und Gesundheitszustand – die FMD alle drei bis sechs Monate nahelegen. Die FMD sollte – vor allem von Menschen mit angeschlagener Gesundheit – nicht ohne vorherige ärztliche Untersuchung durchgeführt werden, mahnt der Forscher. © rme/aerzteblatt.de

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