Politik
IQWiG-Leiter kritisiert fehlende Studienkultur in Deutschland
Mittwoch, 8. Juli 2015
Köln – Deutliche Kritik an der Grundhaltung in Deutschland zu Arzneimitteln, Medizintechnik und allgemein medizinischen Verfahren übt der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG), Jürgen Windeler, im neuen Jahresbericht des Instituts. „Häufig hört man, für Studien fehle das Geld. Doch es handelt sich eher um ein kulturelles Problem: Es fehlt der ‚Wille zum Studienmachen‘. Andere Länder und Gesundheitssysteme wollen Antworten auf offene Fragen. Deutschland aber will es offenbar nicht wissen“, schreibt Windeler dort.
Ein Beispiel sei die Nutzenbewertung von Arzneimitteln: Obwohl das Verfahren vordergründig „rund laufe“, bleibe eine Reihe bekannter Probleme ungelöst: „Kurz nach der Zulassung ist die Studienlage aus nachvollziehbaren Gründen noch dünn. Nach der Zulassung werden die notwendigen Studien aber nicht durchgeführt. Die Hersteller haben keine Anreize, weil die Wirkstoffe nicht regelhaft erneut auf den Prüfstand kommen“, so der IQWiG-Chef.
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Besonders dürftig sei die Evidenz bei nichtmedikamentösen Verfahren und Medizinprodukten – fehle in Europa doch eine den Arzneimitteln vergleichbare Zulassung. Zwar sehe das Versorgungsstärkungsgesetz künftig in bestimmten Fällen eine Nutzenbewertung für Medizinprodukte vor. „Solange diese jedoch auch außerhalb von Studien eingesetzt und erstattet werden können, wird es sehr schwer, die notwendige Evidenz zu generieren“, so Windeler.
Der IQWiG-Jahresbericht bietet auf rund 50 Seiten einen Überblick über das vergangene Arbeitsjahr. Größere Themenkomplexe und wichtige Meilensteine sind dabei in eigenen Kapiteln dargestellt und kommentiert.
Wie in den vergangenen Jahren nimmt die frühe Nutzenbewertung breiten Raum ein, aber auch die Transparenz bei Studiendaten und der Relaunch des Patientenportals „gesundheitsinformation.de“ werden thematisiert. Mehrere Beiträge befassen sich mit Fragen der wissenschaftlichen Kooperation auf europäischer Ebene. © hil/aerzteblatt.de

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